TdW 46/09 "DER 9. November"

    • Offizieller Beitrag

    Der 9. November an sich ist ein sehr geschichtsträchtiger Tag. Doch wie schon in den letzten jahren wird er auch in diesem (nicht nur wegen des runden "Jubiläums") in erster Linie auf das Jahr 1989 bezogen.


    Die "friedliche Revolution", "der Fall der Mauer" und "Sieg der Freiheit" sind nur ein paar Schlagwörter, die alljährlich mit diesem Datum verbunden werden...


    Was geschah damals eigentlich am 9. November (und in den Tagen davor und danach)?


    Mich würde vor allem interessieren, wie und wo Ihr das Ganze erlebt habt. Also nicht nur in "Ost" oder "West" (oder in der Botschaft in Prag oder Ungarn), sondern z.B. ob Ihr "dabei" wart, als sich die Grenzübergänge öffneten.


    Was habt Ihr empfunden? Unbeschreibliche Freude, wie es in den meisten Bildern zu sehen war? Skepsis, weil nicht abzusehen war, wo das hinführen würde? Oder vielleicht sogar Angst, weil Ihr Euer bisheriges Leben gefährdet saht?


    "Hüben" wie "Drüben" gibt es die Meinung, die "Mauer muss wieder her" (und das trotz, oder vielleicht auch wegen einer ostdeutschen Kanzlerin). Ist da nach 20 Jahren noch immer nicht zusammengewachsen, was zusammengehört? oder gehört das vielleicht auch gar nicht zusammen?

  • Zitat

    Original von Onkel B
    (...) oder gehört das vielleicht auch gar nicht zusammen?


    Warum? Liegen etwa magnetische Abstoßungsreaktionen vor? Oder ist diese Frage nicht vielmehr Ausdruck eines engen und unkultivierten Geistes?

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe den "Fall" der Mauer live erleben dürfen.


    Am 01.11.1989 wurde ich zum Wachregiment einberufen und der 04.11. war schon ein erster "Höhepunkt" für uns. Von unserer Kaserne aus konnten wir die Demonstranten und Redner auf dem Platz der Republik deutlich hören, die Bilder dazu gab es aus dem DDR-Fernsehen.
    Wir waren in "Bereitschaft" und hätten im Ernstfall (Durchbruchversuch der Demonstranten über eine Brücke, Friedrichsbrücke, wenn ich nicht irre,) eine Brücke dichtmachen müssen. Zum Glück durften wir an diesem Tage noch in der Kaserne bleiben. Lediglich ein paar Mal Auf- und Absitzen standen noch auf dem Programm...


    Ganz anders am 09.11....


    Wir wurden mitten in der Nacht mit Gefechtsalarm geweckt, aus dem Westradio erfuhren wir den grund noch bevor wir angetreten waren.
    Dann hieß es "Waffenausgabe" und Aufsitzen.
    Dann erstmal ein paar Stündchen auf dem W50 rumsitzen und frieren. Wieder Absitzen und ins Bett und später nochmal raus. Wieder mit Alarm.


    Ähnliches Spiel am 10.11. Rauf, Runter und immer grübeln, wo man sitzen wollte. Ein paar unserer Soldaten waren in den letzten Tagen angefriffen worden und dann stehts Du vor dem LKW und überlegst, wo der sicherste Platz ist. Hinten an der Ladeluke kommst Du am schnellsten raus, wirst aber auch am ehesten von Wurfgeschossen getroffen. Hinter dem Fahrerhaus trifft Dich kein Stein, aber wenns brennt, kommst Du ewig nicht runter. Also wollten wir alle in der Mitte sitzen...


    Am 11. November dann unsere große Bewährungsprobe. Wieder raus mit Gefechtsalarm, "Waffenempfang" und rauf auf die W50. Es ging direkt zum Brandenburger Tor (da war ich vorher noch nie...). Unsere Gruppe stand direkt hinter dem Mauersegment, welches als erstes herausgebrochen wurde. Und wir fühlten uns ziemlich elend. Es war arschkalt, der Rest unserer Kompanie war sonstwo. Wir standen dort einfach blöd rum und hofften, dass es keinen "Durchbruch" geben würde.
    Später durften wir dann unsere Position wechseln und standen auf dem Platz vor der Absperrung zur "DDR-Bevölkerung" und wurden Zeugen, wie man Schlagzeilen macht. -West-Taxi fährt vor, zwei Männer und ein Kind steigen aus, Kind bekommt Hammer in die Hand und wird in Richtung Brandenburger Tor fotografiert. am nächsten tag hieß dann die Schlagzeile (sinngemäß) "ICH WILL HIER DURCH"....-
    Aber das ging ertsmal nicht, denn schließlich standen wir dort, in vorderster Front. Am frühen Abend standen wir direkt im Rondell und ich durfte mit 2 "Genossen" die "Aktuelle Kamera" (DDR-Nachrichtensendung) auf die Mauer (ist im Rondell sehr breit gewesen) begleiten und mit unseren Körpern beschützen.
    Alter, das war der Oberhammer. Wir konnten auf der Westseite gar nicht so weit gucken, wie da die Leute standen. Natürlich flogen auch weiterhin Gegenstände (in erster Linie Zigarrettenschachteln, die Flaschen waren entweder alle, oder man brauchte sie noch für später), aber irgendwie wurde es ruhiger auf der Westseite. Aber nur, bis der Nachrichtensprecher (ich glaube der hieß hanno Harnisch) zu reden anfing. Plötzlich gab es ein zigtausendfaches "Die Mauer muss weg!" Es war mega-beeindruckend. Nun flogen auch wieder Flaschen und wir mussten runter von der Mauer. Unten noch schnell ein paar Kippen für die anderen Jungs aufgelesen, einen Generalmajor gefragt, wo unsere Kompanie ist (und Streit mit ihm gehabt, weil er der Meinung war, wir könnten und dürften gar nicht da sein, ich aber sicher war, dass wir da waren, einen kurzen (zum Glück) Abstecher in den Todesstreifen gemacht und später West-Kippen zu Top-Preisen verkauft...

  • interessanter Augenzeugenbericht ... ;)
    bei mir war es ja gaaanz anders; ich war grade halbwegs mit dem Studium fertig, grade (temporär) an der Uni angefangen ...
    hatte ja Probleme mit dem Sehen, war deshalb ausgemustert;
    üblich war es, entweder (als Uni-Mitarbeiter) in der Kampfgruppe zu sein, oder Reserve-Offizier - da ich ausgemustert war, hatte ich keine Lust, zu sagen, daß ich für solche Sachen bereit war im Wissen, daß ich es nicht machen muß - Alternative war, ZV-Ausbilder zu machen; ZV war Zivil-Verteidigung - das war das, was die Mädels machen sollten - offiziell die Ausbildung im Falle von Großbrand, brennender Schule (waren ja Lehrerinnen-Studentinnen dabei), explodierendem Kernkraftwerk (das war jetzt ein makabrer Witz) ...
    ZV-Lager hatte ich wegen Ausmusterung schon selbst hinter mir - hab es genossen ;) - lauter Mädels, deren Typen grade im Gegen-Reserve-Offiziersausbildungslager waren - Disko mit 90% Frauen ... - okay, war halb so schön, weil meine Freundin auch in dem Lager war ... :D
    Okay, das ZV-Ausbilder-Lager war genau zur Hälfte in der Woche vor dem Mauerfall, und zur Hälfte danach; in der ersten Woche war der SED-Parteitag, bei dem am Ende (Donnerstag) Schabowski die geöffnete Mauer erklärt hat ...
    All meine Mitausbilderlerner haben täglich die Parteitagsberichterstattung gesehen, und waren empört; Mitte der Woche haben sie einen Brief ans Politbüro aufgesetzt - Unterschrift : die Genossen aus dem ZV-Ausbilderlager ... ich wußte gar nicht so recht, was ich machen solle - war der einzige Nicht-Genosse - entweder nicht unterschreiben, oder unterschreiben mit Zusatz (Nicht SED-Mitglied); Donnerstag haben wir beschlossen, das Ausbildungslager abzubrechen (die Ausbilder-Ausbilder 'überredet'); Freitag ging es nach Hause (mit lauter Leuten im Zug, die nach Westberlin wollten); Sonnabend hatte ich Besuch von einem Kommilitonen - ich hab ungefähr einen Kilometer vom nächsten Grenzübergang entfernt gewohnt - mit jedem Mal aus dem Fenster gucken war die Schlange derjenigen, die rüberwollten, wieder größer geworden; Mittag stand ich selber in der Schlange - am Anfang wurde noch Personalausweis oder Paß kontrolliert, deshalb ging es langsam - später haben die Grenzer aufgegeben, und alle ohne Kontrolle durchgelassen - hab mitbekommen, daß die Leute ihre ersparten paar Ostmark für ein Butterbrot an Westmark abgegeben haben - da war mir klar, daß das so nicht weiter funktionieren kann - sobald dieses Geld zurückgekommen wäre, wäre die Wirtschaft endgültig zusammengebrochen ...
    Ich selbst hätte sehr gerne den Westen (BRD, England, USA) besucht; hab es per Leistungssport (okay, Leistungswissenschaft) selbst probiert; und wäre wieder zurückgekommen ...

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • sorry for Doppelpost, aber
    da fällt mir noch ein Thema für das TdW ein:
    Vor 20 Jahren fand ich das grauenhaft: das ganze Politbüro (also die ganze Regierung) war in meinen Augen uralt - also ab Mitte 60 aufwärts - eher noch 70+, der einzige, der nominell jünger war, war Krenz, und der war geistig genau so alt wie der Rest ... Eigentlich bin ich der Meinung, daß die Regierung irgendwie vergleichbar zur Bevölkerung sein sollte; na vielleicht nicht unbedingt im Teenie-Alter, aber Leute Mitte 20 wären okay, Mitte 30 gut, Mitte 40 ebenfalls, Mitte 50 naja, Mitte 60 die Ausnahme, Mitte 70 reicht einer (jemand, der erwiesenermaßen bewiesen hat, daß er noch nicht verkalkt ist - so eine Art frifix ;) )
    Jetzt bin ich 20 Jahre älter, aber so richtig geändert hat sich nichts - die Masse der Politiker ist 60+; sowas wie Schäuble..., die jüngeren (das Westerwelle) sind genauso verknöchert wie der Rest; ich würde mir wünschen, daß solche Leute wie Franziska Drohsel oder Katja Kipping mehr Einfluß in der Politik hätten und nicht solche weichgespülten Typen wie Guttenberg

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    Einmal editiert, zuletzt von Andrean ()

  • @Überalterung:
    Andread, was ist denn? Die Minister im neuen Kabinett decken die Bevölkerung doch wunderbar ab:


    - Minderjährige: Dürfen nicht wählen, haben kein Urteilsvermögen und keine Lobby => kein Mitglied
    - 18-29: Studenten-, Zivi- und Azubipack. Unernst und nur einen winzigen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung darstellend, brauchen sie keine Vertretung ihrer Altersklasse.
    - 30-45: Die junge Hälfte der reifen Erwachsenen hat in der oberen Schicht noch das Ergebnis des Babybooms an Mitgliederzahlen. Junge Minister wie Rösler und Westerwelle sollten diese Gruppe zufrieden stellen.
    - 46-65: Die Riege der Alternden ist prozentual stark und deckt dementsprechend das Groß der Ministerposten ab.
    - 66+: Die Rentner stellen mehr als ein Drittel aller Wahlberechtigten dar und sind rechnerisch im Kabinett sogar zu schwach vertreten! Dafür haben sie die einflussreichste Lobby.


    Du siehst, so schlecht steht es um die Altersverteilung gar nicht. Außerdem musst du bedenken, dass man viel Zeit braucht, um überhaupt weit genug aufzusteigen und Bundestagabgeordneter zu werden. Nicht jeder legt einen Turbostart mie Mißfelder hin. Und bis man genug Ansehen und innerparteiliche Unterstützung gesammelt hat, um Minister zu werden und Verantwortung zu übernehmen, gehen nunmal ein paar Jährchen ins Land!
    Trotzdem ist natürlich die Kritik, die Generation von heute würden die Politik für die übernächste Generation machen, berechtigt. Aber was soll man denn machen?


    @Mauerfall:
    Meine Perspektive ist eine andere. Ich kenne die Mauer nur aus dem Geschichtsbuch, ich habe keine Probleme mit "Ossis" und ich kann auch die Euphorie von damals nicht nachempfinden (verstehn ja, aber nicht nachempfinden). Insofern empfinde ich die alljährlichen Dauerdokus über ads Thema, die offenbar jedes Jahr aufs neue aufdecken, wie es wirklich war, eher als störend als als bereichernd. Man mag mir Desinteresse vorwerfen, aber hey: der Solidaritätszuschlag wird längst nicht mehr für den Osten verwendet, die ersten Kinder der DDR erreichen das Rentenalter und vom Sozialismus ist auch nichts mehr übrig - warum sollte ich die DDR nicht als ein Kapitel in der Geschichte abtun?

    Zitat

    "Give a man a fire and he's warm for the day. But set fire to him and he's warm for the rest of his life."
    Terry Pratchett

  • also Westerwelle hast du schon einmal im falschen Intervall eingeordnet ...
    ansonsten hast du aber zu meiner Überraschung recht - hab mir mal die Geburtsdaten der Leute angesehen - Niebel hätte ich z.B. auf weit über 50 geschätzt, und der hatte seinen 50. noch gar nicht - anscheinend altert man in der Politik besonders schnell ...
    wenn man vom aktiven Alter ausgeht, sollte die Hälfte unter 45 sein, die Hälfte drüber; wenn man von den Wahlberechtigten ausgeht, sind deutlich mehr als ein Drittel unter 45; demzufolge sollten auch mindestens ein Drittel, besser fast die Hälfte der Regierung in diesem Alter sein; im Augenblick sind 2 an der Grenze, 2 drunter; wenn nicht ein paar während der Legislaturperiode geschaßt werden, sind am Ende 2 von 16 unter 45, der Rest deutlich drüber

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    Einmal editiert, zuletzt von Andrean ()

  • Westerwelle mag zwar über 45 sein, macht aber kräftig auf jung. Apropos Jung: Der hat seine besten Tage auch schon gesehen...
    Dass man in der Politik besonders schnell altert, liegt u.A. an den über 70 Stunden Arbeit pro Woche, die der Durchschnittspolitiker bewältigen muss.


    Wenn man zu den Anteilen die Wahlbeteiligung hinzuzieht - die bei den Rentnern höher ist als bei den jüngeren - erlaubt man zwar mehr Alte im Kabinett, trotzdem bleiben die jüngeren immer noch auf der Strecke. Du könntest ja versuchen, selber Politiker zu werden, um dann mit 60 zu behaupten, du würdest deine Generation vertreten - bis dahin wird die Überalterung der Bevölkerung sowie des Bundestags wohl noch stark zunehmen.

    Zitat

    "Give a man a fire and he's warm for the day. But set fire to him and he's warm for the rest of his life."
    Terry Pratchett

  • Zitat

    Original von ArcaneNightmare
    Dass man in der Politik besonders schnell altert, liegt u.A. an den über 70 Stunden Arbeit pro Woche, die der Durchschnittspolitiker bewältigen muss.


    gar soviel kann das nicht sein, wenn viele nebenbei noch Nebenjobs wie Anwalt oder Aufsichtsräte machen können ... :D

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  • Dochdoch, die müssen sich ja auch die ganze Zeit über um ihren Wahlkreis kümmern und so weiter, bei Ministern kann das durchaus sehr schnell sehr viel werden.

    Zitat

    "Give a man a fire and he's warm for the day. But set fire to him and he's warm for the rest of his life."
    Terry Pratchett

  • okay, die Woche hat 168 Stunden; 70 Stunden Bundestag, bleibt 98;
    40 Stunden in der Kanzlei (58 ); 40 Stunden Aufsichtsrat (18 ); manche haben ein oder mehrere Frauen - okay, da muß pro Frau pro Woche eine Stunde reichen (15); Essen, Trinken, Schlafen, Transporte - glaub ich irgendwie nicht (oder die schlafen im Bundestag)

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Na, dann versuche ich mal intopic zu machen und die Geschichte aus Wessi-Sicht darzubieten. Muß sagen, vom Onkel wußte ich natürlich seine Ost-Herkunft, von Andrean nicht. Und Andrean, danke für die Blumen!!!
    Für mich in meinem ORG/EDV-Beruf war 1989 ein eminet wichtiges Jahr, unser Neubeginn für Elektronischen Zahlungsverkehr bei Banken sowie Einführung eines neuen IBM-Beleglesers für Giros und Schecks, für den nur WIR das KnowHow hatten, in welchem vor lauter Arbeit und Überlastung der Mauerfall fast völlig unterging. Erstmal war ich allüberall im Altland unterwegs bei Bankinstituten, meiner Klientel, und habe so den Mauerfall als Megaereignis verfolgt, aber bin ihm natürlich nie so nah gekommen, wie die "grenznahen" DW'ler. Ich habe ja nie verhehlt, daß ich der Liberalität und damit der FDP recht nahe stehe, woran natürlich Erziehung und Beruf ziemlich mitschuld sind. Hauptargument für diese Einstellung ist, auch aus meinem WiSo-Studium heraus, "So wenig Staat wie möglich"! Und nochmal: "Weg mit all den fetten Wanzen, die immer mehr produktive Kräfte um sich scharen und die dann zu unproduktiven Staatsdienern machen"! Natürlich sind da Lafontaine+Gysi+Bisky gemeint!
    Aus dieser Sicht, der Beseitigung von Unfreiheit und von Plan-Mißwirtschaft, war ich völlig seelig mit der Entwicklung der Dinge bis hin zur Wiedervereinigung. Und habe die Dinge halt aus der Entfernung im TV miterlebt. Allerdings finde ich die Weiterentwicklung, den Fall des Eisernen Vorhangs, die Verselbständigung der UDSSR-Staaten u.a. noch eminent wichtiger, als Mauerfall und Wiedervereinigung. Daß dann daraus so groteske Saaten wie Moldawien, Ossetien, Abchasien entstanden und so undemokratische wie Weißrussland und Kasachstan, war wohl (bisher) nicht zu verhindern.
    Dann kam der Tag, an dem ich die Sparkasse Aue mit Beleglesung beglücken durfte und ebenso die Rezeptprüfstelle Duderstadt (3 km zur Ex-Grenze). Und völlig fassungslos war, wie schwer es zu atmen war, wie es stank, weil alle mit Holz oder Kohle heizten, wie glitschig Kopfsteinpflaster sein konnte (wegen dieser Brennstoffe), wie rot das Flüsschen in Aue war (Textilfabrik), wie abgewrackt die meisten Gebäude waren, daß die neugegründeten Läden ihre neuen Waren gar nicht präsentieren konnten, weil es gar keine der bei uns üblichen großen Schaufenster gab.
    Aber die Menschen, mit denen ich zu tun hatte, waren ziemlich alle liebenswert und aufgeschlossen, weswegen ich die ganze Wessi-Ossi-Diskussion nicht recht verstehe.
    Gruß, frifix.

  • Aus Zufall bin ich heute wieder in diesen Thread reingeplumpst. Plumps hat es gemacht!
    Dachte ich doch damals, beim Verfassen meiner obigen, nicht völlig unangreifbaren Zeilen, da würde sich noch was regen! Widerspruch oder Beifall hoch drei! Nix is!
    Bis heute! Nix! Grüsslix, frifix.

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