TdW 47/09 "Helden"...

    • Offizieller Beitrag

    Ein deutscher Soldat wird in Afghanistan verletzt. Laut seinem Minister ist er ein Held...


    15.11.2009: Im ganzen Land marschiert der "nationale Widerstand" zum "Heldengedenken" auf. Denn "Opa war ein Held"!...


    "2012", "Deep Impact" (TV), "Heroes" usw. Hollywood liefert wieder einmal Weltuntergangskino vom Feinsten. Immer vorn dabei: amerikanische Helden...


    Letzte Woche habe ich irgendwo gelesen, der amerikansiche Präsident Obama sei ein Held, denn er hat seine Gesundheitsreform durchgebracht...


    Und dann gibt es noch "Pokalhelden", "Helden des Alltags", die Band "Wir sind Helden", "Higglystadthelden"...


    Helden über Helden. Doch was macht einen Helden aus? Was macht einen Menschen so besonders, dass er als "Held" angesehen wird?
    Und wer ist für Euch ein "Held" (Vorbilder und Idole werden natürlich auch gern genommen)?
    Brauchen wir Helden? Mal abgesehen vom Zocken unseres Lieblingsspiels, denn da geht ja ohne sie sowieso gar nix....

  • Kommt das Wort "Held" nicht aus der Mythologie?


    Hab mal den Duden befragt, jawoll, Heroe, Recke.. auch: Matador (!)


    Als Comicfan hatte ich auch mal ne "Superhelden"-Phase..


    Ein leider nie erschienenes C-64 Adventure von Steve Kups sollte "Heroes and cowards" heissen..


    Der inflationäre Umgang mit dem Wort "Held" ist meiner Empfindung nach genauso schlimm wie der mit dem Begriff "Terror(ist)".


    Als Teenager/Twen hab ich Poster von Bands im Zimmer gehabt, doch waren das nun für mich "Helden" ? Unerreichbare Idole?


    Eigentlich war/ist es die Zurschaustellung einer Wertschätzung, so deute
    ich das für mich.


    Ich liebe heutzutage Comics von Lewis Trondheim - ein "Held" ist er für mich nicht. Mir fällt auch keiner ein. Ohne Musik könnte ich nicht leben,
    die neue Element of crime haut mich von der Wortwahl, Textfindigkeit echt um - abba sind das Helden, oder Sven Regner? Nicht für mich.


    Es gibt Menschen, deren Taten / Äußerungen ich schätze,
    wie es auch die gibt, auf die das nicht zutrifft.


    Also glaube ich, für mich gibt es keine "Helden".


    Ein "Kriegsheld" (ganz schlimmer Begriff!) zB ist je nach Sicht des Betrachters auch ein "Terrorist" o.ä.


    Wer Freude daran hat, anderen zu helfen, selbstlos handelt, u. das in seinem Leben zurückbekommt, der legt auch keinen Wert auf einen Status wie "Held", i think.


    Und da niemand ohne Makel ist, bleibt der Begriff "Held" für mich im Comicgenre oder als Filmbeschreibung eines fiktiven Charakters oder eben in der Mythologie.


    (Als Beschimpfung gibts doch auch: "Voll der Held / Du Held !" )


    "Wir sind Helden", in einer Doku gesehen, u. unbekannterweise von mir für ne sympathische Truppe gehalten, die auch eine ganz gute CD hatten, alles subjektiverweise, deren Bandnamen verstehe ich eher satirisch,
    u. eben das "Held"-Bild aufhebend.

    * no *likes* , please*
    (no Fratzenbuch, finds unangemeldet dort schon schlimm - lobt mich doch persönlich! :P )

  • "Held" ist heutzutage zum Lobwort bzw. Kommerzwort degeneriert, da hat das Bärchen durchaus Recht. Aber "Wahre Helden" wird man auch nicht finden, da, wie mudge richtig sagt, der Heldenbegriff von der persönlichen Sichtweise abhängt. In sofern sind alle Helden und niemand.

    Zitat von Das Lied von Eis und Feuer: Die Saat des goldenen Löwen, S. 103

    Die Macht ist stark in dir.

  • Ich stimme Neo zu.


    Für mich persönlich, in meinem Gefühl, meinem Sprachgebrauch, der in keiner Weise transsubjektiv genannt werden kann, ist der Begriff (man sollte hier vielleicht zwischen Wort und Begriff differenzieren) 'Held' nurmehr ironisch verwendbar, insofern er nicht als Fachbegriff, wie z.B. in Spielen oder Literatur, Verwendung findet -- obschon ich hier bevorzugt von Protagonist zu reden pflege --, weil dieses Wort in seinem übertrieben pathetisch-idealisierenden Gestus in der heutigen Lebensrealität fehl am Platze scheint, ein Relikt aus vergangenen Zeiten, als -- insbesondere in Deutschland -- ein solcher Sprachgebrauch im Einklang mit dem Selbsverständnis der eigenen 'heldenhaften Nation' stand...


    Nun allerdings zurück zum Eingangsbeitrag. Was mir -- mal wieder -- sauer aufstößt ist der implizite Anti-Amerikanismus, die irrationale Anti-Haltung zum Einsatz in Afghanistan und zugleich zum Auftrag der dort stationierten Soldaten. Aber, Onkel B, immerhin dieses Mal nicht so arg daneben gegriffen, wie's mir noch im Gedächtnis hängen geblieben ist -- obschon das Thema natürlich auch kaum (u.U. schon) solche Sprengkraft besitzt als beispielsweise der Konflikt in Palästina, wo sicher auch von Helden die Rede sein wird -- israelische Soldaten und auf gegnerischer Seite: Selbstmordattentäter.

  • Beim Thema "Held" hab ich immer irgendwie ein Bild von einem mächtigen Ritter in schillernder Rüstung, einem wehenden Banner auf einem stolzen Ross vor Augen, der todesmutig gegen den furchterregenden Drachen zu Felde zieht um die geraubte Prinzessin aus dessen Klauen zu befreien...naja, ist halt so der "Klischee-Held". :D


    In der heutigen Zeit kann ich mit dem Begriff "Held" eher gar nix anfangen.
    Wobei ich den Begriff Held auch im Zusammenhang mit dem S-Bahn-Mord vor einiger Zeit gelesen hab. In gewisser Weise war es sicherlich heldenhaft, daß der Mann sich gegen die beiden Jugendlichen gestellt hat (andere würden vielleicht sagen törricht). Nur leider hatte diese Geschichte kein Happy-End und der "Held" wurde erschlagen.


    Unterm Strich ist DAS aber die einzige Situation wo ich diesen Begriff heutzutage noch anwenden würde. Wenn ein Mensch, ohne Rücksicht auf seine eigene Gesundheit und gefahrlaufend selbst in Not zu geraten bzw. gar getötet zu werden, anderen Menschen aus ihrer lebensbedrohenden Notsituation hilft. Da könnte man den Begriff "Held" anwenden...es wäre wie bei dem Ritter, nur eben im realen Leben. :]


    Zitat

    Letzte Woche habe ich irgendwo gelesen, der amerikansiche Präsident Obama sei ein Held, denn er hat seine Gesundheitsreform durchgebracht...


    Lächerlich...wenn die da schon von einem Helden sprechen, dann gute Nacht Amerika. :rolleyes: Da muß man sich wohl eher fragen ob die da drüben überhaupt noch was gebacken kriegen. :aua:


    Zitat

    Denn "Opa war ein Held"!...


    Auch nicht nachvollziehbar...ist er ein Held weil er den Krieg überlebt hat und die Gedenkfeierlichkeiten noch miterleben kann oder wofür wird er als Held gefeiert? Ich mein, den Krieg haben wir verloren, sonderlich heldenhaft war das ja nicht. :P
    Zumal ich weiß das mein Großvater sich nie als Held fühlen oder gar betiteln würde, wenn's um die Zeit damals geht.


    Zitat

    Ein deutscher Soldat wird in Afghanistan verletzt. Laut seinem Minister ist er ein Held...


    Toll, ich hab mich beim rasieren verletzt, bin ich jetzt auch ein Held? :crazy:
    Solche Äußerungen dienen wohl eher dazu, zu untermaueren wie wichtig der Einsatz in Afghanistan doch ist...aber was soll man von einem Minister schon auch anderes erwarten als dummes Geschwätz. :-#

    Der Fürst der Hölle und seine Untertanen Lord Otto, Turin u. Little Imp - ein höllisches Quartett

    Einmal editiert, zuletzt von Nightelf ()

  • Zitat

    Original von Nightelf
    Wenn ein Mensch, ohne Rücksicht auf seine eigene Gesundheit und gefahrlaufend selbst in Not zu geraten bzw. gar getötet zu werden, anderen Menschen aus ihrer lebensbedrohenden Notsituation hilft. Da könnte man den Begriff "Held" anwenden...


    Hier würde ich gern nachhaken wollen. Warum würdest du einem so wie von dir beschrieben handelnden Menschen den normativen Heldenstempel aufdrücken?


    Was, wenn ich jetzt sage, dass er ethisch unverantwortlich gehandelt hat, da er den Schutz eines gleichwertigen oder gar höherwertigen Gutes, nämlich das seines eigenen Lebens bzw. seiner eigenen Gesundheit sowie der daraus resultierenden Folgen für sein Umfeld (Familie, Freunde, Arbeitgeber usw. usf.) missachtete? Oder -- weniger altruistisch gedacht -- dass er entsprechend der Spieltheorie nicht nur unverantwortlich, sondern sogar falsch handelte, da er als egoistischer Nutzenmaximierer eben seinen Nutzen (und selbst den für die Gesellschaft, die nur einmal mehr vor Augen geführt bekam, dass Zivilcourage am Ende mit dem eigenen Leben bezahlt wird) völlig falsch eingeschätzt und dementsprechend falsch gehandelt hat?

  • Tobius,
    wenn alle Leute so handeln wie du es anscheinend für angebracht hältst (was kümmert mich das Opfer - ich bin doch allemal mehr wert als der), bedeutet das für die Täter, daß die vollkommen ohne Risiko ihre menschenverachtende Handlungsweise durchziehen können... und da wir grade bei Politik sind (sind wir nicht, aber paßt grade) - dasselbe gilt für Irak, Afghanistan, Palästina, Ex-Jugoslawien, Südossetien, Kurdistan, Guantanamo, Abu Ghuraib - solange Aggressoren dort wüten können, und jeder, der eigentlich was dagegen hat, sich sagt, daß er sowieso nichts dagegen machen kann (ohne seine ... Karriere zu gefährden), werden die dort genauso weitermachen wie bisher

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Zitat

    Original von Tobius
    Was, wenn ich jetzt sage, dass er ethisch unverantwortlich gehandelt hat, da er den Schutz eines gleichwertigen oder gar höherwertigen Gutes, nämlich das seines eigenen Lebens bzw. seiner eigenen Gesundheit sowie der daraus resultierenden Folgen für sein Umfeld (Familie, Freunde, Arbeitgeber usw. usf.) missachtete?


    Deshalb ist er ja ein Held. Weil er ein, wie du es sagst, gleichwertiges Gut einsetzt um einen anderen Menschen zu retten. Und das in vollem Wissen das er sich dabei in Gefahr bringt.


    Würde er das nicht tun, wäre er nur einer von vielen Otto-Normal-Bürgern, die lieber die Augen verschließen, und an allem vorbei gehen, was ihnen evtl. unangenehm werden könnte.


    Warum also jemanden der die Courage hat nicht wegzusehen, nicht auch als Held bezeichnen?


    Letztendlich muß schließlich jeder selbst wissen wieviel er "investieren" will um hinterher mit seinem Gewissen klar zu kommen. Und wenn einer sogar sein Leben investiert, weil er es für notwendig hält, dann kann man ihm auch keine ethische Unverantwortlichkeit vorwerfen.

    Der Fürst der Hölle und seine Untertanen Lord Otto, Turin u. Little Imp - ein höllisches Quartett

  • Gut, das wollte ich nämlich wissen, ob du ein solches Verhalten vielleicht doch eher als unverantwortlich denn heldenhaft betrachten würdest. Ich finde diese Überlegung deshalb interessant, weil, wenn man der Unverantwortlichkeits-Argumentation folgen würde, der Heldenbegriff als solcher ja anscheinend ad absurdum geführt werden würde, weil das, was ihn ausmacht, dann schließlich ethisch verwerflich wäre.


    Und, Andrean, ich habe lediglich eine andere 'denkbare' Argumentation vorgestellt: kein Grund also mich hier so anzufahren, oder gibt's hier mittlerweile auch schon ein Denkverbot? An dieser Stelle, an der du das Sich-Nicht-Kümmern um 'Opfer' mir so dramatisch vorwürfst, würde ich auf Adornos Vorstellung von der 'Kälte' als anthropologisches Charakteristikum verweisen wollen, die in seiner Sicht maßgeblich für den 'Erfolg' des Nationalsozialismus war, weshalb ein Augenverschließen vor diesem Umstand mehr Gefahren birgt als ihm entgegenzutreten.

  • ich werf dir doch nicht vor, daß du dich nicht um ein Opfer kümmern würdest - höchstens, daß du jemandem, der sich kümmert, als unverantwortlich hinstellst (natürlich nur als reines Gedankenexperiment :crazy: )

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • ich hab jedenfalls jeglichen Respekt vor Leuten, die ihr Leben für eine sinnvolle Sache einsetzen; sinnvoll finde ich aber, Leben zu retten, nicht aber Leben zu nehmen; ein Arzt, der im Selbstversuch seinen Impfstoff testet, hat jeglichen Respekt bei mir - der Kamikaze-Flieger nicht (das kann ich auch, wenn ich keinen Bock mehr auf Leben hab, oder von irgendeiner Ideologie verblendet genug bin (äh wäre) )

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Ich würde sagen, dass ein Held jemand ist, der sich vollkommen ohne eigenen Nutzen oder einem anderen Anreiz - also nur um des Helfens Willen - (edit) für jemanden einsetzt und das am besten ohne Rücksicht auf eigene Verluste.
    Das gibt es heute selten, aber es existiert. Soviel sie auch für diese Zivilcourage auch Werbung machen, nicht einmal 0,1% der Bevölkerung wird sein Leben für jemanden Unbekannten einsetzen.
    Was auf der einen Seite etwas traurig auf der anderen schlicht vernünftig ist, aber auf den gesunden Menschenverstand würde sich der Staat sowieso niemals verlassen.
    In manchen Punkten ist es allerdings auch eine Glaubensfrage, da ja eigentlich jeder Christ der goldenen Regel verpflichtet ist. Das wiederum wirft die Frage auf, ob jemand, der nur aus Pflichtbewusstsein hilft, wie auch die schon erwähnten "Kriegshelden", schon als "wahrer Held" zu bezeichnen ist.
    Diese Motivfrage macht es im Ende unmöglich eine Person als Helden zu bezeichnen, da man nie wirklich ein egoistisches Motiv ausschließen kann.
    Man kann damit heute auch jene Urheldendefinition nicht verwenden, weil bei ihr weder die Umstände der Heldentat noch das eventuelle Motiv des Helden eine Rolle spielt. Außerdem ist ja allgemein bekannt, dass sich die Barden und Geschichtenerzähler damals Mühe gegeben ihre Epen möglichst unglaublich erscheinen zu lassen, um den für sie lebensnotwendigen Unterhaltungsswert zu Steigern.
    In diesem Sinne muss ich meiner anfänglichen Aussage widersprechen und bin nun überzeugt: "Helden sind tot."


    ups(edit2)

    Konfuzius sagt:
    "Es spielt keine Rolle wie langsam man geht, Hauptsache ist, man bleibt nicht stehen."

    3 Mal editiert, zuletzt von Lestat ()

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