Sorry für's Thema-Wechseln - ich lese bei euch interessiert mit!
Wollte eben das hier vorstellen:
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Bei Hass und Beleidigungen darf der Stecker gezogen werden
Sinnvolle Maßnahme oder Zensur? Die neue Regel 165 des EU-Parlaments gestattet dem Präsidenten, Liveübertragungen zu unterbrechen, wenn Abgeordnete sich diffamierend äußern. Das findet nicht jeder gut. [...] Die Abgeordneten statteten den Parlamentspräsidenten mit der Vollmacht aus, im Fall von rassistischen Reden oder Handlungen bei der Liveübertragung einer Debatte den Stecker zu ziehen – ein bislang beispielloser Schritt. Zudem darf der Präsident beleidigendes Video- oder Audiomaterial aus dem System entfernen. Das Problem dabei: Was als beleidigend gilt, ist nicht klar umrissen. Manche Abgeordnete befürchten Manipulationen, andere Zensur.
[...]
Regel 165 des Parlaments gestattet dem Präsidenten nun, Liveübertragungen „im Fall diffamierender, rassistischer und fremdenfeindlicher Sprache oder Verhaltens“ eines Abgeordneten zu unterbrechen. Die Höchststrafe soll rund 9000 Euro betragen. Inkriminiertes Material könnte „aus der audiovisuellen Aufzeichnung des Sitzungsprotokolls gelöscht“ werden – Bürger würden demnach nie davon erfahren, sofern nicht Reporter zugegen waren und darüber berichten. IPA-Präsident Weingärtner sagt, die Pressevereinigung sei dabei nicht zu Rate gezogen worden. Die neue Regelung wurde auch nicht vom Parlament veröffentlicht, die spanische Zeitung „La Vanguardia“ berichtete zuerst darüber.
Wie echt jetzt? Hat das EP mal eben heimlich die Zensur durch die Hintertür beschlossen?
Jein.
"Heimlich" passiert im EP genau gar nichts - zumindest bislang. Es werden alle Debatten, Abstimmungen, Beschlüsse, Geschäftsordnungen, etc. veröffentlicht. Was die WELT also genau mit ihrem letzten Satz meint, ist mir schleierhaft ("Die neue Regelung wurde nicht veröffentlicht"), denn:
http://www.europarl.europa.eu/…PE_REGL(2017)01-16_DE.pdf
Geänderte Geschäftsordnung. Öffnen, strg+f, "Artikel 165", und siehe da, alles öffentlich einsehbar.
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MASSNAHMEN BEI NICHTEINHALTUNG
DER VERHALTENSREGELN
Artikel 165
(kann leider nicht kopiert werden,daher hier aus einer Zusammenfassung des EP)
http://www.europarl.europa.eu/….html?id=13381&type=Flash
Aus der Geschäftsordnung geht nun deutlicher hervor, dass gegen Mitglieder, die sich diffamierend, rassistisch oder fremdenfeindlich äußern oder durch ihr Verhalten die parlamentarische
Tätigkeit stören, (vom Präsidenten) Sanktionen verhängt werden können.
Der Umfang der Sofortmaßnahmen und Sanktionen, die gegen Mitglieder verhängt werden
können, die die Verhaltensregeln nicht einhalten, wurde erweitert (z. B. kann den Mitgliedern verboten werden, das EP extern (in Delegationen, bei interinstitutionellen Treffen usw.) zu vertreten,
oder ihr Recht auf Zugang zu vertraulichen Informationen kann beschränkt werden); außerdem
wurden diese Maßnahmen und Sanktionen verschärft.
http://www.europarl.europa.eu/…S+DOC+XML+V0//DE#creitem3
Letzte Debatte über die Änderungsvorschläge
http://www.europarl.europa.eu/…OC+PDF+V0//DE&language=DE
Abstimmungsergebnis
http://www.europarl.europa.eu/…OC+PDF+V0//DE&language=DE
Namentliches Abstimmungsergebnis
Die Transparenz ist bislang also gewährleistet - die meisten Links wurden mir btw vom EP selbst zugeschickt, da ich die "Dokumentarische Anfrage" bemüht hatte.
Die Frage ist, ob das in Zukunft auch so bleibt:
Wer entscheidet, was "diffamierend" oder "fremdenfeindlich" ist? (Laut GO der "Präsident", bzw. der jeweilige Vorsitz)
Die GO des Bundestages jedenfalls sieht so etwas nicht vor: https://www.bundestag.de/parla…n/rechtsgrundlagen/go_btg
Insgesamt hab' ich also Bauchschmerzen mit der mir zu individuel auslegbaren neuen Regel 165.
Der Verdacht jedenfalls ist da - warten wir jetzt mal ab, ob von der Regel überhaupt und in welchem Maße gebrauch gemacht wird.
Jedenfalls wollte ich euch die erste Reaktion des EP auf die neuen "Fake-News" mitteilen.
Wie denkt ihr dazu?