KW 36: Sind die Taschen leer?

    • Offizieller Beitrag

    Berlin (dpa) - Die Arbeitnehmer in Deutschland haben von der Wirtschaftsentwicklung der vergangenen 20 Jahre kaum profitiert. Ihre Nettoeinkommen lagen unter Berücksichtigung der Preissteigerung im vergangenen Jahr nur knapp über dem Niveau von 1986. das geht aus einer heute bekannt gewordenen Statistik hervor. Dagegen stiegen die Einkommen aus Vermögen und Unternehmensgewinnen erheblich. Das Bundesarbeitsministerium sprach daher von einer «deutlichen Unwucht», wies Darstellungen von einem «Nettolohnskandal» aber zurück.



    Als Eröffnung heute mal eine "Schlagzeile" von arcor.de. Die BLUT-Zeitung brachte es heute ganz groÃ: "Nettolohnverlust", andere Zeitungen ziehen nach, plötzlich entdecken auch andere Medien das Thema.


    Ist es denn wirklich so, dass der "Arbeiter" immer weniger im Portemenaise hat, oder gibt er sein Geld vielleicht für Luxus (teures Auto, Internet-Falt mit xxMBit, Kosmetik, Reisen) aus? Manch einer zahlt vielleicht auch ein schönes Eigenheim ab...
    Auf vielen Märkten (z.B. Strom) ist der "wettbewerb eingezogen", durch den ja alles billiger werden sollte...
    Wie passt das ganze mit den jährlichen Meldungen von neuen Rekorden beim "Anlage-Vermögen" der Deutschen zusammen?


    Und wie geht es Euch? Habt Ihr das Gefühl, dass Ihr heute permanent weniger in der Tasche habt, als noch vor 5, 10 oder 15 Jahren?

    • Offizieller Beitrag

    Also für mich kann ich das kurz zusammenfassen. Ich war im Laufe der letzten 15 Jahre immer mal wieder arbeitslos und hatte nie länger als 2 Jahre einen festen Job. Von daher kann ich das nicht mit besseren Zeiten vergleichen, weil es für mich nur schlechtere gab. :(

  • Nunja, verwunderlich ist es nicht wirklich. Es gibt doch kaum noch Produkte, dessen â¬-Preis unterhalb des damaligen DM-Preises liegt, die somit also eine Preissteigerung von 100% erfahren haben. Und wer kann das schon von seinem Einkommen behaupten? Da gab es stattdessen tarifliche Nullrunden, dafür aber Mehrarbeit ohne Lohnausgleich. Immer mehr Eigenleistungen in der Krankenversicherung trotz höherer Beiträge, private Altersvorsorge, etc.


    Der offene Wettbewerb hat immerhin auf dem Kommunikationssektor eine Verbilligung gebracht, andere Beispiele fallen mir grad nicht ein.


    Ich komm zurecht, bin halt genügsam. ;)

    • Offizieller Beitrag

    ich bin auch sehr genügsam, alle 2 jahre ein neuer rechner, spiele, wenn sie mir gefallen und ansonsten halt mit dem auto mal rumfahren wenn was gutes ansteht (z.b. mal zum konzert oder musical für die mädels).


    so war es zumindest noch vor ein paar jahren. die compi-neukauf-spanne hab ich mittlerweile schon auf 2,5 - 3 jahre erhöht. liegt natürlich auch daran, dass die entwicklung momentan nicht so rasant voranschreitet und h3 halt auf allen meinen systemen läuft, aber natürlich auch am geld...
    wir gehen beide arbeiten, urlaub war dieses jahr das erste mal seit 2000 fällig (sonst nur ferienlager), ich fahre noch immer mein 10 jahre altes auto, obwohl es schon ziemlich fertig ist...


    wir haben vor ein paar jahren unsere wohnung gekauft (zwangsversteigerung) und hatten gehofft, so ein bissl altersvorsorge aufbauen zu können. mittlerweile sind die betriebskosten fast 3mal so hoch wie die monatliche rate und man muss schon täglich mit sich hadern, ob man die heizung ein bissl aufdreht (ok, ist etwas übertrieben)...


    natürlich ist es immer noch so, dass ich meinen mädel (also meiner frau und den kindern) alles kaufe, was sie möchten. bei mir selbst mache ich aber oft abstriche, wenn ich so durchrechne, wie lange ich für ein teil arbeiten muss...

  • Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass es mir jetzt besser geht, als jemals zuvor. Als Kind bzw. Jugendlicher musste ich oft auf schicke Klamotten verzichten, weil meine Eltern mir keine kaufen konnten. Urlaub war auch nicht drin. Mittlerweile habe ich mein Studium abgeschlossen und einen festen Job, der mir viel Spaà macht. Wir klagen alle auf einem echt hohen Niveau. Ich bin fest davon überzeugt: Mit einer guten Ausbildung bekommt man auch einen Job, von dem man gut leben kann. Und zum guten Leben gehören für mich Flachbildschirme, Solarium, Foto-Handys und jedes Jahr Urlaub auf Malle nicht dazu - das ist Luxus, den nicht jeder haben muss.
    Ich bin Erzieher, und muss mir jedesmal das Gejammere der Eltern anhören, die meinen, kein Geld für einen Block und ein paar Stifte für die Kinder haben, bei denen die oben genannten Dinge ganz oben auf der Anschaffungsliste stehen.

  • @ OnkelB
    Ohne Dich angreifen zu wollen: alle zwei Jahre ein neuer Rechner + eigene Wohnung und den Mädels alles kaufen, was sie wollen:
    welcher Arbeitnehmer oder sogar Akademiker kann sich denn das leisten? Sind da die Ansprüche nicht doch etwas zu hoch?

    • Offizieller Beitrag

    @ toni: das ist das, was ich mir "leiste". essen gehen? nö! Klamotten? nur wenn es unbedingt nötig ist und dann auch noch billig. Teuere Uhr? nö, nur handy (6 jahre alt)...


    ich will auch auf keinen fall beschweren, dass es mir schlecht geht. im gegenteil, da ich selbst ja auch erzieher bin, weià ich, dass es mir im verhältnis zu anderen noch sehr gut geht. aber es kann doch nicht sein, dass eine familie mit 2 "ernährern" nur gerade so über die runden kommt. vor 20 jahren wäre man in der brd unter diesen umständen verzweifelt, weil man seine kohle nicht alle bekommen hätte.

  • und das ist eben nicht so. Vor zwanzig jahren war bei uns in der brd der lebensstandard längst nicht so hoch wie jetzt. und nicht nur meine eltern mussten mit der kohle, die sie verdienten, mehr haushalten als wir jetzt - da konnten die leute das aber auch noch. da lagen die prioritäten eben anders. der anteil des geldes, der für lebensmittel ausgegeben wurde, war früher um ein vielfaches höher als heute. lebensmittel sind heute so billig wie noch nie (egal was, sei es fleisch oder kaffee oder waschmittel). da war nicht mehr viel übrig für andere dinge, die uns heute so selbstverständlich erscheinen. da sich aber heute kein mensch mehr sein essen selber zubereitet, sondern gerne auf fertigprodukte zurückgreift, geht dafür heute natürlich ne menge kohle flöten. bei einer lebensweise wie vor 20 jahren hätten viele leute mehr geld in der tasche. wenn ich sehe, was die leute alles an fertigpizzas, fertigkartoffelpüree, fertig-pfannkuchenteil, fertigkuchenteig etc aus den läden schleppen, wundert es mich nicht, dass sie am ende des monats kein geld mehr in der tasche haben. getränke wie cola, eistee usw. gab es vor 20 jahren ab und zu mal und auf partys, aber nicht als durstlöscher jeden tag. ich könnte die liste beliebig weiterführen, man denke nur an die Anzahl der fernseher pro haushalt, die anzahl der autos pro haushalt etc.
    was die energiepreise angeht, gilt oben genannte aussage allerdings nicht.

  • haben denn beide Eltern von dir gearbeitet? Ansonsten, der Bonkel hat von seinem 10 Jahre alten Auto erzählt - wer ist denn früher mit so nem alten Auto noch rumgefahren? da war es doch eher normal, sich nach 5 bis 7 Jahren ein Neues zu kaufen - aber mach das mal, wenn du dafür 20 000 Euro anlegen muÃt; früher gab es Neuwagen für 7 000 Mark

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Mein Vater war Gleisarbeiter bei der Bahn (zum Glück Beamter), meine Mutter kaufmännische Angestellte (Halbtagsjob). Unsere Autors haben wir so lange gefahren, bis es nicht mehr ging (z.T. bis zu 13 Jahren). Dafür waren die Autos dann aber nicht kreditfinanziert, sondern es wurde halt so lange gespart. Das mache ich auch heute noch so. Mein Auto habe ich mit der Absicht gekauft, es mindestens zehn Jahre lang zu fahren - und da bin ich keine Ausnahme. So kenne ich das aus meinem Familien- und Freundeskreis. Ãbrigens habe ich mir mit meiner Mutter das Auto geteilt. Dafür haben mir meine Eltern aber den Führerschein bezahlt. Wir wohnten nicht zur Miete, sondern im eigenen (schuldenfreien, weil lange in der Familie) Haus, zusammen mit meiner Oma. Wie gesagt, es wurden damals andere Prioritäten gesetzt. Das letzte Auto hat sich meine Mutter vor 12 Jahren gekauft und die Kiste hat damals 25.000 DM gekostet.

  • sehr lobenswert (ich würde mir auch kein Auto per Kredit kaufen - dann schon eher ein billiges gebrauchtes - aber in Wirklichkeit kauf ich mir gar keines, weil das in Berlin bloà eine Belastung wäre); eigenes Haus ist ja im Normalfalle (solange man noch abzahlt) der totale Geldfresser, da bleibt idR sowieso kein Geld mehr übrig für regelmäÃigen Urlaub... wenn es dann einmal abgezahlt ist, hat man natürlich einen groÃen Posten weniger, und mehr Geld übrig

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • also ich arbeite bei einer versicherung und kann micht eigentlich nicht beklagen. ich merke natürlich, dass fast alles teurer geworden ist und noch teurer wird, sei es mal wieder die dumme bahn oder lebensmittel. dinge, die man eigentlich nicht zum leben braucht, werden teilweise spottbillig, man denke mal an schöne sachen wie flatrate oder die billigflüge. im gegensatz dazu werden essentielle sache, die man zum leben braucht teurer, wie lebensmittel, strom, öffentliche verkehrsmittel. ich lebe alleine und hab keine groÃe wohnung, zur zeit kann ich sagen, muà ich nicht jeden euro umdrehen. aber ich finde es schon erschreckend, dass wir im durchschnitt ein lohnniveau von vor 20 jahren haben, wohingegen die preise seit 1986 sich in fast allen dingen verdoppelt und noch mehr erhöht haben. hinzu kommen immer weniger sozialleistungen, es wird gekürzt an allen ecken. als gesetzlich krankenversicherter ist man inzwischen schon mensch 2. klasse und hat teilweise wartezeiten, die gehen auch keine kuhhaut mehr. also nochmal zusammenfassend, ich halte es für einen skandal, dass wir ein durchschnittsniveau von 1986 bei den nettolöhnen haben und die politiker sich weiterhin schön die taschen vollstopfen und ihre diäten erhöhen.

  • Zitat

    Original von Ishamon
    ...ich halte es für einen skandal, dass wir ein durchschnittsniveau von 1986 bei den nettolöhnen haben und die politiker sich weiterhin schön die taschen vollstopfen und ihre diäten erhöhen.


    wahrscheinlich haben die das nötig: entweder essen sie so viel (bestimmt aus Frust), oder die Preise für die absoluten Luxus-Gegenstände sind auch überdurchschnittlich gestiegen

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Bei uns ist es im Moment so, dass wir über die Runden kommen. Eigentlich ist bei uns das Geld nicht allzu knapp... gewesen, jetzt fangen meine beiden Brüder zu studieren an, einer will ausziehen, da wirs das GEld nun mal weniger... Vergleich zu vor 20 Jahren wird für mich persönlich leider Lebensdauerbedingt schwer deswegen kann ich hier nicht mehr schreiben wie die momentane Lage...