Finanzkrise 2.0

  • Irgendetwas wird sowieso in den stillen Kämmerchen diskutiert,

    Die Regierung in Athen will bis 2020 rund 22 Milliarden Euro durch Verkauf von Staatsbesitz erlösen.


    Da sich die Regierung Tspiras' anfangs etwas scheute (siehe diverse Google Artikel) zu verkaufen, muss der Druck erhoeht werden.


    https://www.google.de/?gws_rd=…ivatisierung+griechenland



    Wenn Gre aus dem Euro aussteigt? Dann haben der IWF und Weitere kein Instrument um direkt Druck auf die Hellen auszuueben. Dafuer gibts (wird es geben) dann handelssanktionen.


    Man sollte sich vergegenwaertigen: Gre nimmt Schulden beim IWF auf um den Haushalt aufrecht zu erhalten. Mit dem geliehenen Geld werden dann Renten/Pensionen, Beamtengehaelter und weitere Sozialleistungen bezahlt. Dafuer verkauft |Hellas dann staatliche Unternehmen, um die Schulden zurueck zu zahlen, um dann zukuenftig weniger Einnahmen zu haben und sich wieder Geld leihen zu muessen, um noch mehr staatliche Unternehmen zu verkaufen um die Schulden zu tilgen, um sich noch mehr Geld zu leihen...


    Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leihen sie noch heute.

  • Der Stabilitätspakt besagt ja, dass eigentlich nur eine Neuverschuldung von 3 % des BIP pro Jahr erlaubt ist.


    a) Hat ausgerechnet unser geliebtes Deutschland als erstes dieses Kriterium (2005) gebrochen (und auf eine Lockerung gedrängt).


    b) zusammen mit dem zweiten Maastricht-Kriterium (60% Schuldenquote), ergibt sich ein nominales Wachstum von 5% - was bei Einhalten beider Kriterien IN ALLEN EU-STAATEN vorhanden sein müsste.


    Realistisch?
    Oder alles Hülsen?

  • Griechenland durch eine schwache Währung wettbewerbsfähig machen zu wollen, ist letztendlich nichts anderes als Wettbewerbsfähigkeit durch Preissenkung. Das ist aber im Prinzip genausogut mit dem Euro zu haben, indem Griechen ihre Waren und Dienstleistungen einfach für weniger Euros anbieten. Dann bekommen sie zwar weniger Gegenwert pro Produkt/Leistung, aber das ist ja auch der Fall, wenn sie Drachmen dafür erhalten.


    Das Problem der Griechen war und ist nicht die Währung, sondern die desolate Politik, vor allem dass der Staat seit Jahrzehnten mit geliehenem Geld ein erhebliches Außenhandelsdefizit aufrechterhält.

    Und damit ist imo tatsächlich alles zu Griechenland gesagt. Alles, was jetzt noch zu sagen wäre leitet sich davon ab/ baut darauf auf oder sollte dies zumindest tun.

  • Habe letztens ein Interview mit Theo Waigel (ja der lebt noch!) gelesen. Darin sagt er, dass er immer gegen einen Beitritt Griechenlands zur europäischen Währungsunion war und diesen auch bis zuletzt in seiner Amtszeit verhindert hat (k.a., wieviel er da nu persönlich dran zu sagen hatte, aber ich lass das mal so stehen. Zur Not stellvertetend zu "unsere damalige Regierung...").


    Darin legt er auch seine Gründe dar, die letztlich alle darauf hinausliefen, dass Griechenland einfach zu finanzschwach war. Es sollte nicht sein, dass ein Land, welches in Wirtschaftskraft, ProKopfEinkommen und auch bürokratischen Strukturen wie Verwaltung und Steuerwesen einfach ZU weit hinter dem EU-Schnitt lag, dieser Zone beitritt.


    Ein Land auf diesem Stand sah er als gefahr für die Währungszone an, da die Regularien diesem zu einfach den Zugang zu Krediten gewährte, die die Wirtschaftskraft des Landes niemals begründen könnten.


    Für ihn war der Beitritt Griechenlands ein historischer Fehler.


    Ich kann NULL einschätzen, inwieweit sich sein "Weitblick" tatsächlich damals sp zeigte oder er nur rückblickend auf eine dicke ichhabsschonimmergewusst Hose machen will. Es deckt sich aber mit meiner grundsätzlichen Einschätzung:


    Griechenland hatte vor ca. der jahrtausendwende einen für EU-Verhältnisse sehr sehr sehr geringen Standard. Das Land war nicht annähernd in der Nähe von durchschnittlicher EU-Finanzkraft. Der Lebensstandart der Bürger war sehr gering, die soziale Absicherung war mies. Durch geborgtes Geld wurde dies künstlich aufgeblasen. Diese Blase ist geplatzt. Nun stehen wir vor der menschlichen Tragödie, dass sich in 10-15 Jahren die Bürger natürlich daran gewöhnt haben, einen deutlich höheren Standard zu leben. Dieser ist nun nicht mehr finanzierbar (also so GAR NICHT). Ein Rückfall auf das Niveau von vor 15 Jahren ist für "den Griechen" keine Option. Und das ist total verständlich!


    Die ganzen Milliarden wurden halt leider nicht genutzt, um eine eigene tragfähige Wirtschaft und Verwaltung aufzubauen. Sie haben einigen wenigen die Taschen vollgehauen und ansonsten einen künstlich hohen (nicht zynisch sondern tatsächlich nur relativ gemeint!) Lebensstandard simuliert. Das ist schade/schlimm/ kacke und man kann dabei sicherlich auf eine Menge Schuldiger nicht nur in Griechenland (!) zeigen. Man kann es aber auch lassen, da Schuldige das Problem nu auch nicht lösen.


    Von daher sehe ich das Kind nun auch in den Brunnen gefallen, die Kohle is wech und die Probleme, den griechischen Bürgern zu erklären, dass sie sehr sehr lange auf deuuuutlich geringem Niveau als seit 10-15 Jahren gewohnt leben müssen, sind da. Und den Griechen zu sagen, "stellt euch nicht so an, währt ihr dem Euro nie beigetreten, würds euch auch nicht besser gehen" hat mit europäischer Realpolitik nix zu tun und hilft ja o.g. Problemen auch nicht weiter.


    Habe ich eine bessere Idee als die, die aktuell besprochen werden von ganz links bis recht? Nein, woher auch! Aber eine persönliche Einschätzung wie das alles überhaupt abgelaufen ist immerhin, und die könnt ihr nun zerlegen, wenn ihr wollt :)

  • Ah herrlich, ich mag eigene Meinungen. :) Sehe viel ähnlich, einiges aber auch anders:



    Es sollte nicht sein, dass ein Land, welches in Wirtschaftskraft, ProKopfEinkommen und auch bürokratischen Strukturen wie Verwaltung und Steuerwesen einfach ZU weit hinter dem EU-Schnitt lag, dieser Zone beitritt.

    "Beitritt" ist glaube ich das falsche Wort - Griechenland ist seit 1981 in der EU. Du meinst eher "Es kann nicht sein, dass GL auch den Euro einführen durfte". Und da weiß ich nicht genau, wie schlüssig die Argumente "Wirtschaftskrsft" oder "pro Kopf EK" sind, wenn ein grobes Drittel aller Euro-Staaten weniger Wirtschaftskraft und weniger pro Kopf EK haben als GL. (zb Estland, Lettland, Litauen, Malta, Slowenien, Slowakei).


    Was von den Medien GL vorgeworfen wird ("Euro-Einführung erschummelt"), ist, dass sie 1997-1999 (und 2001 bis 2003) ihr Defizit niedrig gerechnet haben, nämlich von über 3% auf unter 3%. Im Spoiler zB die FAZ dazu.



    MMn wollten einfach alle (sogar ich), dass GL auch den Euro einführt. Heute ist es für uns natürlich super, einfach den Griechen die Schuld zu geben - sie hätten uns getäuscht!



    Griechenland hatte vor ca. der jahrtausendwende einen für EU-Verhältnisse sehr sehr sehr geringen Standard. Das Land war nicht annähernd in der Nähe von durchschnittlicher EU-Finanzkraft. Der Lebensstandart der Bürger war sehr gering, die soziale Absicherung war mies. Durch geborgtes Geld wurde dies künstlich aufgeblasen. Diese Blase ist geplatzt.


    Mit der Argumentation habe ich irgendwie Bauchschmerzen - aber auch keine Zahlen dazu parat. Klar hat Griechenland seit 1981 stets mehr Ausgaben als Einnahmen, erhöht seine Schulden also jedes Jahr. Klar ist aber auch:




    Die Staatsverschuldung von Griechenland hat sich vor allem seit 2008 stark erhöht und betrug 2014 rund 318 Milliarden Euro. Die Staatsschuldenquote stieg im gleichen Zeitraum von 112 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 174 Prozent.


    [...]


    Die nächste Bombe platzte 2009 nach einem erneuten Machtwechsel in Athen. Auch der neue Regierungschef Giorgos Papandreou (der Sohn von Andreas Papandreou) führte seine Vorgänger vor: Wieder sei Brüssel jahrelang belogen worden, stellte er fest. Und wieder wurde das Haushaltsdefizit für mehrere Jahre nach oben korrigiert - für 2009 gar von 3,7 auf 12,5 Prozent. Jetzt konnte Griechenland seine Schulden nicht mehr bedienen.


    GL war ja nicht etwa 2007 pleite, sondern insbesondere erst nach der Bankenrettung. 12,5% Defizit - darauf hatten doch die Ratingagenturen reagiert und die Spirale ging in Gang.




    Die ganzen Milliarden wurden halt leider nicht genutzt, um eine eigene tragfähige Wirtschaft und Verwaltung aufzubauen.

    Naja, deine "ganzen Milliarden" - "geborgtes Geld", möchte ich ehrlich gesagt erstmal sehen. :) Habe von griechischen Haushalten vor 2008 Null Ahnung^^. Ich weiß weder, wieviel der Einnahmen geborgt wurden, noch, wem die Ausgaben zu gute kamen...



    Von daher sehe ich das Kind nun auch in den Brunnen gefallen, die Kohle is wech und die Probleme, den griechischen Bürgern zu erklären, dass sie sehr sehr lange auf deuuuutlich geringem Niveau als seit 10-15 Jahren gewohnt leben müssen, sind da.

    Da müsste man jetzt mal Zahlen raussuchen - nämlich, ob wir nur eine Reduzierung des Lebensstandards zurück auf das Jahr 2001 erzwingen, oder ob wir noch viel drastischer reduzieren. Fakt ist jedenfalls, und das macht mich schon wieder fuchsig, WESSEN Lebensstandard reduziert wird:




    Dazu kommt die "doppelt so hohe Arbeitslosigkeit", seit Beginn der "Rettungs"maßnahmen. Hartz4 gibts nicht - ein Jahr ALG gibt's - und dann, noch schlimmer, als nur kein Geld mehr, gibts auch keine Krankenversicherung mehr. Kein Wunder also, dass heute 2,5 Millionen Griechen ohne KV dastehen. Tendenz steigend (nämlich immer dann, wenn man "wiede rmehr Arbeitslose in GL" lesen kann, sollte man sich denken: "Oha, in einem Jahr wieder mehr Unversicherte").



    Insgesamt kein Wunder, dass das Referendum ein lautes (61%) Nein! ergab. Bei einem Referendum entscheidet nämlich nicht, wie in der Demokratie ansonsten üblich, die Finanzkaste, sondern tatsächlich alle. "Alle" bedeutet dann, dass "die untere Hälfte der Einkommen" nun tatsächlich eine Hälfte der Entscheider stellt. Wie man auch sieht.


    Letzte Frage: Warum echauffiert sich NIEMAND darüber, dass Brüssel NICHT von GL eine Anhebung der Reichensteuer fordert? Warum werden Renten gesenkt und MWSt erhöht? Wo wir doch alle so auf die Griechischen Ultrareichen schimpfen. Ist das Geld nicht gewollt? Oder unantastbar?


    Hier, ich schließ mim OscarWilde Zitat: "Sparsamkeit armen Leuten zu empfehlen, das erscheint mir ebenso lächerlich wie beleidigend. Es ist, als ob man einem Verhungerndem riete, weniger zu essen."


  • @ Beitritt: Ich meinte natürlich den Beitritt in den Euro, nicht den "in Europe" :)


    @ "erschummelt"/ Standart durch geborgtes Geld aufpumpen: Meine Aussage bezog sich gar nicht auf "schummeln" in Bezug auf Defizite zum Ziel dem Euro beitreten zu dürfen. Meine Aussagen bezogen sich eher auf etwas anderes:
    - Griechenland hatte eine recht dickes Außenhandelsdefizit, trotzdem stieg der lebensstandart recht deutlich.
    - Dies kann natürlich nicht zueinander passen und kann nur dann gehen, wenn der Staat da Geld ins System pumpt.
    - Da der Staat dieses Geld natürlich nicht hat, muss er es sich borgen.
    - Wie der Anstieg des Haushaltsdefizits zeigte, musste und hat er dies auch getan.
    Und zwar in einem Maße, wie er es mit der Drachme nicht (so leicht) hätte machen können. Aufgrund der Sicherheit des Euros/ der Eurozone flossen die Kredite aber reichlich und willig. Unterm Strich wurde der Lebensstandard also v.a. dadurch gesteigert, dass der Staat sich Geld geborgt und dieses ins System eingschleust hat.
    Dazu passt:


    @Schuldenstände vor dem Euro: s.o.: Als eher nichsodolle Wirtschaftsmacht waren die leicht zu bekommenden Kredite endlich. Mit dem Euro in der Hand flossen sie dann aber. Das ganze Elend ging also tatsächlich erst unter dem Euro los. Ich gestehe: Ich bin gerade zu faul, hier nach validen Quellen zu suchen, habe dazu aber vor Jahren mal im (ja, schon wieder, was soll ich machen...) Tagespiegel mal eine gute Ablauferklärung gelesen. (Damals interessierte die Frage "wie konnte das eigentlich passieren und wer hat da wo geschlampt" sogar noch jemanden!). Da wurde das so beschrieben und das war sehr nachvollziehbar und seitdem hab ich nichts mehr gesehen, was dies widerlegte.


    @Lebensstandart: Die Problematik, dass es natürlich die ärmsten Hunde wieder ausbaden müssen, ist unbestritten, sowohl von mir als auch von eigentlich den größten Teilen der Presse. Ich habe leider keine Vergleichszahlen a la BigMacIndex für von vor 20 Jahren zur Hand. Was ich aber weiß und was hier in Deutschland gerne (von allen Himmelsrichtungen) vergessen wird ist folgendes: In großen Teilen Europas war der Lebensstandart der "kleinenLeute", am besten noch "auf dem Land" in z.B. Griechenland, Spanien, Portugal usw. wirklich wirklich gering. Um nicht zu sagen, da waren richtig richtig viele ganz klassisch: -bettelarm-!


    @soziale Absicherung: Hier wünsche ich mir auch eine differenziertere Berichterstattung. Z.B. den Klassiker, die ach so schlimmen Renten in GL: Hier gibt es 2 Baustellen. Mangels KV /AV /H4 ohne Arbeit hat sich hier historisch entwickelt, dass die relativ hohen Renten die Familien trotzdem über Wasser hielten. Ein schräges System und mit zielgerichteter Verteilung wahrscheinlich auch direkter und geradliniger aber egal. Es funktionierte. Wenn man sich die Gesamtkonstellation anschaut, sind die hohen Renten schon gar nicht mehr so schlimm sondern im Gegenteil vollkommen nachvollziehbar. ABER: Auf der anderen Seite gibt es eine solche Begründung für das z.T. absurd frühe Renteneintrittsalter nicht. Hier ist imo aller Schimpf und Schande vollkommen gerechtfertigt und hier wird die Gemeinschaft (der griechsichen Einzahler) ausgenutzt.


    Leider wird hier eben nicht differenziert berichtet sondern die "frühen und hohen Renten" als Totschlagargument in einen Topf geworfen.


    @Regierung: Was ich aber tatsächlich nicht verstehe: Wo ist denn die "Reichensteuer" in GL? Wo sind denn die Einsparungen beim absurd hohen Militärhaushalt? Wo sind denn die eingefrorenen Konten der Superreichen? Wo ist denn der Beginn eines Aufbaus eines funktionierenden Steuereintreibesystems? Wo ist denn die Imagekampagne, dass jeder, der die Steuern nicht zahlt ein Verbrecher ist? Alles grundlinke Kernthemen und davon ist irgendwie nix so recht rumgekommen... Da waren die in Argentinien damals radikaler, Schulden negiert und den Schuldenschnitt einfach behauptet und festgesetzt, Militär eingespart (in Argentinien!), den Reichen ans Geld gegangen (ok, der Staat IST korrupt und natürlich geht da vieles in der Richtung mehr als schief, aber grundsätzlich wurde wenigstens angefangen!) usw! Sie sind immer noch im Arsch, habe nsich aber in einem Eiltempo wenigstens bewegt nach dem Gau, den sie hatten.

  • Null Zeit gerade, muss jetzt Nachhilfe geben. Aber ganz kurz zu "Wo sind denn die Einsparungen beim absurd hohen Militärhaushalt?". Ne zuvor noch: Jo, sehe wieder viel ähnlich! :)


    GLs-Militärhaushalt wurde von der EU(!) nicht reduziert. Rate mal warum? Stichwort: U-Boot. Klar hätte GL (puh; unter Papandreo?) auch von sich aus den Militärhaushalt runterfahren können - kA, ob das nicht aus Athen sogar vorgeschlagen wurde. "Aber erst nach den UBooten!" hieß es dann bestimmt aus Berlin..^^


    Is' zu einfach gedacht, klaro, dennoch interessant, dass der Militärhaushalt kein Kürzungspunkt der Troika war (in den ersten fünf Krisenjahren; ich meine, irgendwann dieses Jahr gab es da mal ein Einlenken..)


    Naja, null Zeit^^
    Grüße ,IP

  • Habe gerade im InfoRadio ein echt interessantes Interview mit einem gebürtigen Griechen gehört. Jorgo Chatzimarkakis ist sein Name. Ehemaliger FDP (?!) Politiker in EUropa, dann bis Mai diesen Jahres Sonderbotschafter Griechenlands. Er wird von diesem Sender seit vielen Monaten regelmäßig interviewt und hat sich immer wieder durch kritische und differenzierte Aussagen sowohl gegenüber der deutschen Griechenlandpolitik als auch der griechischen Herangehensweise hervorgetan.


    Er sagte in Kurzform, dass der griechische Verwaltungsapparat eine Katastrophe sei. Er deutete an, dass dies eine jahrtausendealte Tradition habe, die Zeit aber in dem 4-minütigen Interview nicht reicht, um dies umfassend zu beschreiben. Sie sind nun wohl seit runden 200 Jahren unabhängig, leiden aber an dieser Stelle weiterhin unter der Historie.


    Der gesamte Apparat sei durch und durch klientelistisch und korrupt.


    Soweit so beschreibend. Interessant fand ich aber seinen Lösungsvorschlag: Da sich dieses System niemals aus sich selbst erneurern könne, schlägt er vor, "Auslandsgriechen" in die Verwaltung zu holen! Es gibt wohl runde 2500 griechische Verwaltungskräfte in Brüssel. Wenn man einen Großteil davon "nach Hause" holen würde, könnten diese die Verwaltung neu aufbauen und ein Durchsetzen von Transparenz und Orientierung an der Sache sicher stellen. Die Bezahlung dieser Kräfte könne dann die EU übernehmen.


    Das nenn ich mal out-of-the-box gedacht! Zumindest kenne ich bisher keinen besseren Vorschlag und fand das mal "teilenswert" :)

    Wikipedia zu ihm

  • Er sagte in Kurzform, dass der griechische Verwaltungsapparat eine Katastrophe sei. Er deutete an, dass dies eine jahrtausendealte Tradition habe, die Zeit aber in dem 4-minütigen Interview nicht reicht, um dies umfassend zu beschreiben.


    Die "jahrtausende alte Tradition" kann ich in einem 4-zeiligen Zitat aus einem Weltartikel - na sagen wir - anzweifeln. (Es handelt sich allerdings um einen Bot-Text ohne Quellenangabe (Die WELT behauptet, Florian Hassel habe den Text verfasst. Die Morgenpost gibt erst gar keinen Autor zum identischen Artikel an).



    "Noch 1984 hatte Griechenland nur etwa 250.000 Beamte", sagt Panagiotis Karkatsoulis, Abteilungsleiter im Ministerium für Verwaltungsreform."Papandreou verdoppelte ihre Zahl fast – auf 450.000. Zudem wurden Dutzende verlustbringender Firmen verstaatlicht und ihre Mitarbeiter ebenfalls aus der Staatskasse bezahlt." Nachfolger Simitis bringt die Zahl der Beamten und Staatsangestellten auf 650.000; unter seinem konservativen Nachfolger Konstantin Karamanlis steigt ihre Zahl bis Ende 2009 auf deutlich über eine Million.


    Der heute aufgeblähte Staatsapparat, hat (sofern das im Artikel Gesagte stimmt) also eine etwa 30-jährige Tradition. Und sie begann mit Vatter Papandreou, dem Pasoks Gründer. Und eine von der Troika verlangte " Kappung" des Apparats wurde von Sohn Papandreou "abgelehnt".


    Und aus diesem Grund war man in Brüssel heilfroh, als endlich ein kleiner Junge namens Tsipras die Schreckensherrschaft der Pasok beendete.


    Oder war's andersrum?
    Oder is' alles scheinheilig?


    Was ist mit diesem Gesetz von 2010? Lieber unter den Tisch fallen lassen, was, Tagesschau? Ist halt nicht erwähnenswert - oder passt es nur nicht ins veröffentlichte Meinungsbild?!




    Zitat

    "Clarity"-Regeln


    Sie verpflichten griechische Politiker und Ministerien seit 2010, jeden Beschluss, jeden Gesetzentwurf* im Internet zu veröffentlichen – bis hin zu Spesenabrechnungen.


    *seit Juli 2015 natürlich unter dem Vorbehalt, dass "The government needs to consult and agree with the Institutions on all draft legislation in relevant areas with adequate time before submitting it for public consultation or to Parliament."



    Insgesamt bleibe ich dabei: Die Krise ist größer, als dass man sie durch Korruption oder große Verwaltungsapparate erklären oder durch Bekämpfung selbiges ausschalten könnte. Deutschland hat 2008 700Milliarden Euro von jetzt auf sofort bereitgestellt, um Banken zu retten. Das sind fünf volle Jahre, in denen alle Griechen kompletto auf der faulen Haut liegen könnten (5 mal gr. Jahres-BIP vor 2008).


    Dass wir jetzt so super auf alles mögliche, nur nicht auf die Ursache der Krise, schimpfen können, passt uns aber wunderbar in den Kram. Da weiß ich, wer Schuld ist, und da hab ich n reines Gewissen. Moralisch anerkannt!


    Grüße, IP


    PS: So gesehen: Sorry Conan! ;) Versteh meinen Beitrag am besten nicht als Antwort auf deinen Post - denn a) finde ich die "out-of-the-box"-Ideen generell und hier auch inhaltlich gut, und b) bist Du glaube ich einer, der gerade nicht denkt, die Krise läge am besten noch einzig an unfähigen griechischen Beamten. Ich wollte oben Gesagtes aber ohnehin mal unserer Medienmeinung entgegenstellen..

  • Stimmt, ist keine Antwort auf meine Zusammenfassung :)


    Es ging ihm in dem Interview auch gar nicht um einen aufgeblähten, sondern vielmehr um einen klientelistischen und korrupten Verwaltungsapparat.


    Und stimmt nochmal, ich denke nicht, dass dieser/ beides des Pudels Kern ist. Aber dabei helfen, das Kind aus dem Brunnen zu bekommen, wird solch eine Verwaltung wahrscheinlich auch nicht gerade.


    Und er als griechisch deutscher Europapolitiker ist zumindest jemand, der solche Aussagen treffen darf, ohne gleich dafür beschimpft zu werden :-). Der hat monatelang mit einer echt angenehmen sprachlichen Genauigkeit die griechische Politik der Vergangenheit und Gegenwart kritisiert, dass ich mich immer fragte, warum der als Sondernotschafter nicht mehr "Lobbyarbeit" macht. Gleichzeitig hat er aber auch griechische Standpunkte sauber begründet verteidigt und der deutschen/ europäischen Politik genauso exakt begründete Vorwürfe gemacht. Wenn das alles nur Masche war um glaubwürdig rüber zu kommen, hat es bei mir funktioniert :)

  • https://www.youtube.com/watch?v=IXZk_X5-iwI
    Dirk Müller: Grexit oder Transferunion?



    Falls Du Jorgo Chatzimarkakis mal beim Argumentieren sehen möchtest, Conan.. :)
    Da unterstreicht er deine (seine) Argumente auch ordentlich^^


    Schade, dass bei "darf aus dem ESM überhaupt Geld kommen, das an die EZB geht?" nicht kurz die Absurdität des auch im Vorpost genannten Deals aufgezeigt wird:


    Statt einfach die Zinsen zu erlassen, wird Geld einmal nach GL transferiert, um es dort "planmäßig" wieder zurückfließen zu lassen. Stell Dir das mal kurz privat vor: Ich leih Dir n Zehner und Du gibst mir dafür täglich einen Euro (und nach der Woche nochmal irrelevante 4Euro). Wenn Du montags nun kein Geld hast, dann soll ich sagen: "Hier, nimm diesen Euro und halte gefälligst Deine Verabredungen ein!"?!


    Dazu Handelsblatt: "Ein Teil des Geldes werde schon für die 1,6 Milliarden Euro benötigt, die Athen im Juni insgesamt beim IWF tilgen müsse, hieß es. Im Juli und August müsse Griechenland dann noch 6,7 Milliarden Euro aufbringen für Staatsanleihen, die bei der EZB liegen. Im September stehen dann erneut Zahlungen an den IWF an."


    Ich vermute aber mal, dass in irgendwelchen Bankbilanzen nun massenweise Dollar bewegt wurden. Die Zinsen abwerfen. Und das BIP erhöhen. Eine Win-Win-Situation!


    Nächstes Jahr können wir dann Hilfgelder bezahlen, damit Griechenland die Zinsen der Kredite und die neuen Kredite bezalhen kann. 2017 dann Hilfen, um die Zinsen der Zinsen der Krdite und der Kredite und die neuen Krdite zu bezahlen. Und 2018 ist mir schon ganz wuschig..



    Mein Plan dagegen würde statt "Wachstum" wahrscheinlich eine Verringerung herbeiführen.. Bloß das nicht! :crazy:


    PS: Aus dem 2012 gegründeten ESM sind fast 100% aller ausgezahlten Hilfsgelder geflossen an..... tada:



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