Tach Wald,
da der folgende Beitrag so düster wird, vorab zwei Hinweise:
1. Das Leben ist schön!
2. Ich habe (Mathe und damit) nichts in diese Richtung studiert, habe keine Ausbildung bei einer Bank, ja nichtmal ein Praktikum bei irgendeinem Finanzunternehmen gemacht. So gesehen habe ich von dem Thema also keine Ahnung. Ich geh' da einfach mit gesundem Menschenverstand ran, lese und überprüfe viel, sodass ich mittlerweile zumindest mehr relevante Zusammenhänge (und Zahlen) kennen dürfte, als der Durchschnitt. Jedenfalls solltet ihr das immer vor Augen haben, wenn ihr meine (oft sehr langen) Posts zu dem Thema lest. Macht euch eure eigenen Gedanken - glaubt mir nichts, bevor ihr das nicht selbst überprüft habt (und bitte tut das auch bei den normalen Medien!) So:
Wie ihr vielleicht meinen letzten Posts entnommen habt, beschäftigt mich im Moment das Thema Bargeldabschaffung. Eigentlich stimmt das nicht so ganz, denn genaugenommen begann es bei mir mit der Frage: "Warum explodiert die Inflation nicht?" Warum kann alleine die EZB eine Billionen in den Markt pumpen, ohne, dass die Preise signifikant steigen? (komm' mir jetzt nicht mit Benzin! Ich meine richtige Inflation..) Na, weil ich einen Denkfehler hatte:
Was ist nämlich überhaupt Inflation? Wikipedia.
ZitatInflation (von lat.: „das Sich-Aufblasen; das Aufschwellen“) bezeichnet in der Volkswirtschaftslehre einen andauernden, „signifikanten“ Anstieg des Preisniveaus.[1] Es verändert sich also das Austauschverhältnis von Geldmenge zu „Gütermenge“
– pro Gütereinheit existieren nun mehr Geldeinheiten. Als Folge muss
für die Güter nun mehr Geld gezahlt werden, das heißt sie werden teurer. Daher versteht man unter Inflation allgemein auch eine Geldentwertung.
Gucken wir mal, was meine beiden Printlexika sagen:
ZitatAlles anzeigenMeyers grosses taschenlaxikon in 25 Bänden (von 2001)
Inflation [lat. "Aufblähung"] die, anhaltender Prozess der Geldentwertung, der seinen Ausdruck in einem Anstieg des Preisniveaus findet (Ggs. Deflation). Die I. wird gemessen am Anstieg eines das allgemeine Preisniveau am besten widerspiegelnden Preisindex. [...]
Familienlexikon (von 1993)
Inflation (lat.) die, Vermehrung der umlaufenden Geldmenge, die bei gleichbleibender Warenmenge zu einer entsprechenden Steigerung der Warenpreise und der Löhne führt. [...]
Merkt ihr was?
Früher war Inflation schlicht eine Aufblähung der Geldmenge (daher kommt es ja auch von Aufblähen/Aufschwellen). Dann wurden die Lexika umgeschrieben, denn die Inflation wurde jetzt am Anstieg des Preisniveaus gemessen - also an ihrer MÖGLICHEN Wirkung. Heute IST die Inflation dann Preissteigerung, Wikipedia hat Recht:
ZitatAlles anzeigen
Was ist Inflation?
Allgemeiner Preisanstieg
In einer Marktwirtschaft können sich die Preise für Waren und
Dienstleistungen jederzeit ändern – einige Preise steigen, während
andere fallen. Erhöhen sich die Güterpreise allgemein, und nicht nur die
Preise einzelner Produkte, so spricht man von „Inflation“. Ist dies der
Fall, so kann man für einen Euro weniger kaufen oder anders
ausgedrückt: Ein Euro ist dann weniger wert als zuvor.
[Anm.: Interessant btw., dass das Wort "Geldmenge" hier gar nicht mehr vorkommt.]
So, warum kaue ich das Thema so durch? Weil es ein Knackpunkt ist, ob Inflation nun eine Aufblähung der Geldmenge ist oder eine mögliche Folge davon, nämlich ein Ansteigen der Preise. Warum steigen die Preise denn eigentlich bei Inflation???
Na, wenn es mehr Geld gibt, sind die Waren relativ gesehen weniger wert. Die Löhne steigen, alle haben mehr Geld und "kloppen" sich jetzt um die Waren -> Anstieg der Preise.
Und heute? "Haben Sie mehr Geld in der Tasche, mit dem Sie sich um die Waren kloppen?" (würde Pispers fragen ;)) Lohnentwicklung in Deutschland in den letzten 20 Jahren im Kopf?! (Lohnquote ein Begriff (Anteil der Löhne am Volkseinkommen, sprich Unternehmensgewinne+Löhne)? Von 2000 bis 2007 von 72 auf 65 Prozent gefallen, danach hat sich keiner mehr getraut Statistiken über diese Quote zu veröffentlichen.
Was heißt es dann, wenn wir heute 2-3% Inflation haben? Nichts! Ein Ansteigen der Preise läßt sich durch wer-weiß-was erklären (gestiegene Rohstoffpreise, teureres Krisenöl, ...), mit der explodierenden Geldmenge hat das gar nichts zu tun! Wie ja oben ausführlich dargelegt, hat die Inflationsrate im Prinzip nichts mehr mit einem tatsächlichen Aufblähen der Geldmenge zu tun. Die echte, beim Wort genommene Inflation, die liegt bestimmt sonstewo, Geld wird momentan produziert wie Heu!
Jetzt kommt allerdings noch ein wesentlicher zweiter Punkt dazu: Genaugenommen wird heute nämlich nicht Geld produziert wie Heu, sondern Giralgeld. Geld, dass es gar nicht gibt; Geld, das keinen Gegenwert hat. Eine Zahl in einem Computer. Dass diese Computerzahlen eigentlich keinen Wert haben sieht man z.B. daran, dass Konten nicht gleichzeitig geräumt werden können (Bankensturm; jeder weiß, dass keine Bank alle Konten auszahlen könnte). Aus diesem Grund ist Giralgeld übrigens kein gesetzliches Zahlungsmittel, es hat genaugenommen eben keinen Wert!
Kein Wunder also, wenn die Inflationsrate (im heutigen Sinn, also der Preisanstieg) so verhältnismäßig niedrig bleibt. Massenhaft mehr Geld ist eigentlich nicht da, nur mehr Geld im Computer (Hier könnte man übrigens eine Doktorarbeit darüber schreiben, warum unser Finanzsystem das auch erzwingt ). Es wird also gar kein Geld "in den Markt gepumpt", das beim Verbraucher ankäme und einen Preisanstieg auslösen könnte - es werden Billionen von Euro an Giralgeld erschaffen...
Den Clou des Ganzen erklärt wieder Wiki, zum Giralgeld:
ZitatBuchgeld (auch Giralgeld) ist Grundlage des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Buchgeld ist jedoch – im Gegensatz zum Bargeld – kein gesetzliches Zahlungsmittel und unterliegt keiner gesetzlichen Annahmepflicht, wird jedoch im Wirtschaftsleben allgemein akzeptiert.[2]
Bargeldloser Zahlungsverkehr. Hochinteressant! Nehmen wir mal an, es gäbe gesetzlichen bargeldlosen Zahlungsverkehr, sprich: Die Abschaffung des Bargelds. Das wäre in sofern das i-Tüpfelchen, als dass dann die letzte Hürde zwischen Giralgeld und Bargeld gefällt wäre! Neben der gravierenden totalen Kontrolle (die ich hier im Finanzthread nicht vertiefen möchte), würden mMn (völlige Spekulation triffts eher) die aktuell hineingepumpten Billionen plötzlich ins Gewicht fallen.
Naja, wir sehen schon, wir geraten in wüste Spekulationen, und dann noch die Abschaffung des Bargeldes als Grundlage... Gucken wir mal nach Europa:
Holland: Bargeld in den meisten Banken und Supermärkten komplett abgeschafft (Ja, Banken musste ich auch zweimal lesen)
Spanien: Bargeldgeschäfte nur bis 2.500 Euro (verabschiedet am 13.04.12)
Griechenland: Bargeldgeschäfte nur bis 1.500 Euro, im Unternehmen bis 3.000Eur (Nov-Dez 11)
Italien: Bargeldgeschäfte nur bis 1.000 Euro legal.
Schweden: Will Totalverbot des Bargeldes einführen.
... to be continued.
So, mal wieder wilde Spekulatius vom Pimp. Greift zu und sagt, wenn sie nicht schmecken!
Grüße, IP
PS: Für mich der Oberhammer: Sagen wir mal, ich hab' mit 20% recht, die würden es alleine rechtfertigen, dass unsere Presse das Thema "Bargeldabschaffung in der EU" auch nur anschneidet. Bei uns gibt's ja GAR NIX!