So, hier mal ne Story von mir, hab ich in den letzten beiden Nächten hingeschrieben, nix weltbewegendes, aber vielleicht habt ihr ja euren Spaà dran.
Nachtmahr
Kyle hatte Angst. Unbeschreibliche Angst, die seinen Körper zittern lieà und ihm beinahe Tränen in die Augen trieb. Er blickte durch das Fenster nach drauÃen. Einzelne Regentropfen liefen im Schneckentempo herunter, doch Kyle nahm sie nicht wahr. Sein Blick war auf den wolkenverhangenen Himmel gerichtet. Die Wolken waren gigantisch, unheilvoll. Doch vor allem waren sie schwarz. Von einer undurchdringlichen Schwärze, die auch das letzte Licht aufzusaugen schien. Ein plötzlicher Windstoà entblöÃte einen vollen Mond, der sein krankhaftes Licht durch das Fenster warf.
Kyle zuckte zusammen, als das fahle Licht den Flur erhellte. Von unten ertönte die sanfte Stimme seiner Mutter.
âSchatz, bist du immer noch nicht im Bett? Es ist schon spät und du hast morgen Schule. Muss ich erst raufkommen? Du bist doch schlieÃlich schon ein groÃer Junge.â
Ja, das war er. SchlieÃlich war Kyle schon 14 Jahre alt und bereit, die groÃe, weite Welt kennenzulernen. Da stand er nun, in seinem rosa Bärchen-Schlafanzug, in der linken Hand sein geliebtes Kuscheltier, Mr. Bubbels, ein starker 14jähriger Junge, der sich fürchtete, die Tür seines Zimmers zu öffnen. Eigentlich war es lachhaft und wenn Kyle nicht diese wahnsinnige Angst gehabt hätte, würde er selbst darüber lachen. Zaghaft kommen ihm die Worte über die Lippen. Dennoch kann er ein leichtes Zittern in seiner Stimme nicht unterdrücken. In diesem Moment hasste Kyle sich selbst.
âEs ist nichts, Mama. Ich habe nur schlecht geträumt.â
Zaghaft machte er einen Schritt in Richtung der Tür. Seine Mutter rief ihm irgendetwas zu, doch die Worte vermischten sich zu einem unverständlichen Brei. Kyles´ Konzentration galt etwas anderem. Hatte die Tür sich nicht grade leicht bewegt? Er schloss die Augen und schüttelte fest den Kopf. Das konnte nicht sein. Seine Eltern hatten ihm erklärt, so etwas wie den schwarzen Mann gab es nicht. Er sei sicher in seinem Kinderzimmer. Es sei der sicherste Ort, den er sich vorstellen könnte. SchlieÃlich glaubte Kyle auch nicht mehr an den Weihnachtsmann oder den Osterhasen. Woher kam dann diese Angst? Er machte einen weiteren Schritt auf die Tür zu. Von einem Alptraum? Kyle hatte keine Antwort auf diese Frage. Sein Gesicht nahm ein Ausdruck grimmiger Entschlossenheit an.
Er berührte die Klinke, drückt sie herunterâ¦und öffnete schlieÃlich die Tür zu seinem Kinderzimmer.
Ein Aufseufzen zerriss die Stille. Nichts.
Sein Zimmer lag dunkel und unheilvoll vor ihm.
Mit zittriger Hand fingerte Kyle nach dem Lichtschalter. Er konnte die allumfassende Dunkelheit nicht mehr ertragen.
Und dann war da wunderbares, gleiÃendes Licht, dass auch den letzten Winkel seines Zimmers erhellte. Kyle wusste nicht, wann er das letzte Mal so dankbar für etwas so selbstverständliches gewesen war.
Sein Griff um Mr. Bubbels lockerte sich dennoch nicht.
Peinlich genau untersuchte er jeden Winkel seines Zimmers. Alles war so, wie er es in Erinnerung hatte. Doch der Eindruck täuscht, das wusste Kyle. Selbst die groÃe Transformers-Figur gab ihm nicht die Sicherheit wie früher, als er damit Unmengen von Gegnern besiegt hatte. Sie schien ihn hämisch anzugrinsen, als wolle sie sagen:
âDu kannst nicht gewinnen, Kyle. Egal, wie du es drehst oder wendest â du verlierst.â
Er schenkte der Figur keine Beachtung mehr, wischte den Gedanken zur Seite.
Den unangenehmsten Teil hatte er noch vor sich. Er musste auch unter seinem Bett nachschauen. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen, atmete tief durch und hielt Mr. Bubbels wie ein Schutzschild vor sich. Dann beugte er sich langsam tieferâ¦
âKyle?â
Die Worte lieÃen ihn hochschrecken. Er blickte in das verärgerte Gesicht seiner Mutter, deren Wangen sonst immer von einem Lächeln umspielt wurden.
Sie beugte sich zu ihm herunter und ihre Stimme nahm einen weicheren Ton an.
âDu sollst doch schlafen, Kyle. Wieso liegst du noch nicht im Bett? Es ist nach 11. Zu spät für einen Jungen deinen Alters.â
Kyle blickte ihr in die tiefblauen Augen, die auch er geerbt hatte. Er hatte es seiner Mutter schon einige Male versucht zu erklären. Jetzt würde er es wieder tun.
âMama. Da ist irgendetwas in meinem Zimmer. Ich habe Alpträume. Kann ich nicht bei euch schlafen?â
Seine Mutter stemmte die Hände in die Hüften und schüttelte den Kopf.
âDu bist doch schon ein groÃer Junge. Die anderen Jungs werden dich auslachen, wenn sie rausbekommen, dass du immer noch in unserem Bett schläfst. AuÃerdem hast du die letzten 3 Nächte bei uns geschlafen. Daddy braucht seinen Schlaf, damit er morgen ausgeruht zur Arbeit gehen kann. Das weiÃt du doch, mein Schatz.â
Sie kam näher und drückte ihn an sich. Kyle hielt sie fest, roch den Duft seiner Mutter, den er lieben gelernt hatte. Sie roch immer gut. Wieso konnte sie ihn nicht genauso gut verstehen, wie sie roch?
Nur widerwillig löste er sich aus der Umarmung. Seine Mutter schlug die Bettdecke zurück und er lieà sich ins Bett gleiten. Sie deckte Kyle zu und streichelte über seinen Kopf.
âNiemand ist hier, Kyle. Ich bin immer bei dir, das weiÃt du doch. Aber du musst lernen, allein zu schlafen. Das konntest du doch früher auch.â
Sie lächelte ihn voller Liebe an.
âSoll ich das Licht brennen lassen?â
Kyle schüttelte den Kopf.
âDas hilft nichts.â
Seine Mutter blickte irritiert, sagte aber nichts dazu. Sie legte Mr. Bubbles an seine Seite und hauchte ihm ein Gute-Nacht-Kuss auf die Stirn.
âSchlaf gut, mein Schatz!â
Dann verlieà sie fast geräuschlos das Zimmer und löschte das Licht. Das Licht. Sofort stürzte die Dunkelheit auf Kyle hinab. Nur die selbstleuchtenden Sterne und Planeten an der Decke, die ein künstlichen Sternenhimmel erzeugen sollten, ihrer Aufgabe aber nicht im Geringsten gerecht wurden, spendeten ein falsches, kaltes Licht.
Kyle begann unmerklich zu zitterten.
Die Angst kehrte zurück. Um ihn herum wurde die Dunkelheit intensiver, ja fast greifbar. In seinem Zimmer veränderte sich etwas. Kaum bemerkbar, dafür umso mehr spürbar. Kyle zog die Decke höher und presste die Augen fest zusammen. Ein leichter Schlaf überfiel ihn.
Ein Geräusch lieà ihn plötzlich zusammenzucken. Sofort war er hellwach, die kalte Angst lähmte seine Glieder erneut. Er lauschte. Stille.
Mit unendlicher Vorsicht öffnete er die Augen und lieà seinen Blick langsam durch das Zimmer gleiten.
Dunkelheit.