TdW 33/08 der "Kaukasus-Krieg"

    • Offizieller Beitrag

    Seit Freitagabend beherrscht die Medien in Deutschland hauptsächlich ein Thema: der Krieg im Kaukasus, genauer der Krieg zwischen Georgien und Russland.


    Beide Seiten stehen sich seit vielen Jahren unversöhnlich gegenüber, nach kleinen "Rangeleien" in den letzten Jahren kam es nun zur Katastrophe. Offene Kriegshandlungen, tausende Tote.


    Doch wer hat "Recht" in diesem Konflikt? Wer will den "Frieden sichern", wer ist der "Aggressor"?


    Nach Nordossetien entkommene Flüchtlinge werfen den georgischen Soldaten grausame Verbrechen vor, der georgische Präsident lässt einen Verteidigungsring um die georgische Hauptstadt einrichten und bitte die "internationale Gemeinschaft" um Hilfe. Beide Seiten werfen sich gegenseitig Verbrechen vor, während man selbst ja nur "reagiere"...


    Wie seht Ihr die Situation im Kaukasus? Wer trägt die Schuld? Und vor allem wofür?
    Wer sind die "Guten", wer die "Bösen"?

  • schwierige Frage ...
    So wie Georgien nicht weiter zur Sowjetunion gehören wollte, so wollten Abchasien und Südossetien nicht zu Georgien gehören, und haben sich unabhängig erklärt; prinzipiell bin ich in solchen Fällen der Meinung, daß ein Volksentscheid klären sollte, zu welchem Land man gehören will, oder ob man unabhängig sein will (falls man überhaupt wirtschaftlich in der Lage ist, ein unabhängiges Land zu sein) - wobei die Ambitionen zur Unabhängigkeit sicherlich davon abhängen, welcher Grad von Autonomie einer Volksgruppe zugestanden wird;
    jedenfalls wäre ich prinzipiell der Meinung, daß man solche Probleme in Abchasien, Südossetien, Tschetschenien, Serbokroatien und Kosovo, Palästina, Kurdistan, Baskenland, Nordirland und wo auch immer auf friedliche Weise von den entsprechenden Menschen entscheiden lassen sollte, und man niemenden mit Waffen zu seinem Glück oder Unglück zwingen sollte; einzige Frage wäre, wie groß eine Region sein sollte, daß man ihr diese Entscheidung zubilligt - soll ja schließlich nicht jedes Dorf entscheiden können, zu welchem Staat es gehören will, oder ?

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Die Schuldfrage wird offen bleiben. Zumindest word es keine schwarz-weiß Antwort auf diese Frage geben. Wo Soldaten und kriegerischen Handlugen sind, wird es immer Opfer unter den Zivilisten geben. Die Gegenseite mag dieses dann als Verstoß gegen Völkerrecht oder auch als "ethnische Säuberung" darstellen und ihr Handeln dadurch legitimieren.


    Bemerkenswert an diesem Konflikt, der m.E. ein Konflikt zwischen der NATO und Russland ist, ist aber auch, dass die russische Führung nunmehr einen Krieg führt, der mit den gleichen Argumenten legitimiert wird, wie Kriege, die von den USA ("der Westen") initiiert wurden.


    So wie ich das sehe, hat Russland drei wesentliche Ziele:
    1. Georgien aus der NATO herauszuhalten.
    2. Die einzige Ölpipeline aus dem kaspischen Meer, welche sie nicht kontrollieren, in ihren Machtbereich zu integrieren.
    3. Warnung an andere ehem. Sowjetrepubliken, sich dem Westen nicht zu sehr zu nähern. Insbesondere gilt dieses wohl für die Ukraine.


    Da Georgien seit 2003 ("Rosenrevolution") eine starke Anlehnung an den Westen sucht und eigenes Öl besitzt, war es für Russland eben nicht so leicht möglich, seine Ziele in der Art und Weise durchzusetzen, wie sie es bei anderen ehem. Sowjetrepubliken konnte.
    Die georgische Regierung kann nun aber sicher nicht einfach zurücktreten. Das wäre ja gleichbedeutend mit der mil. Kapitulation und Aufgabe ihrer wirklichen Eigenständigkeit.


    Ich vermag da derzeit keinen umfänglichen Lösungsansatz zu erkennen.

  • Also ich bin zwar kein "Kauskasuskenner", weiß wohl, daß Russland die Nachbarregionen Georgiens unterstützt, wenn nicht sogar aufwiegelt!
    Aber was zum Teufel mag die Georgier geritten haben, militärisch gegen die Russen anzutreten. Der Ausgang dieser wohl offensichtlich von Georgien ausgegangenen Kriegshandlungen war doch sowas von vorhersehbar:
    Super Anlaß für die Russen, Stärke zu zeigen, insb. Warnung an andere "russische" Teilstaaten mit Autonomiebestrebungen auf der einen Seite und auf der anderen Seite nur gelinde diplomatische Reaktionen des Westens in aller höflichen Form. Vielleicht gibt uns schon bald Radio Eriwan, Sendestation Kasbek, etwas mehr Klarheit.
    Gruß, frifix.

  • Schade, dass das Thema hier bisher so wenig Resonanz gefunden hat. Ich wollte aber auch nur kurz einen interessanten (englischen) Link posten, den ich die Tage gefunden habe:
    http://www.michaeltotten.com/a…/08/the-truth-about-1.php


    Als Quelle sind solche "unabhängigen" Reporter ja nicht ganz unbrauchbar. Natürlich muss man immer schauen, wieviel man wirklich glauben will und was Propaganda ist, aber nachdem ich das gelesen habe, kann ich zumindest Saakaschwilis Handeln etwas besser nachvollziehen.

    • Offizieller Beitrag

    ich habe mir nur den ersten absatz durchgelesen und habe dann aufgehört. wenn es wirklich so gewesen wäre, dass russische truppen VOR dem angriff der georgischen truppen angegriffen hätten, wäre saakaschwili damit definitiv "hausieren" gegangen. NATO, UNO, EU, alle hätte er ins boot geholt, um den russischen aggressor zurückzutreiben...


    dieser artikel hat für mich in etwas den stellenwert von artikeln bei http://www.pi-news.net/

  • Naja, mit der Geschichte, dass schon am 7.8. russische Panzerkolonnen durch den Roki-Tunnel gefahren sind, geht er hausieren.
    Um das mal kurz festzuhalten: Ich stimme auf keinen Fall mit ihn darin überein, dass ein militärisches Vorgehen richtig oder angemessen war. Es ist angesichts der russischen Übermacht auch wirklich sinnlos gewesen und zeugt von einer politischen Instiktlosigkeit, die ich mir nicht wirklich vorstellen kann. Ich finde aber die Version, die der Artikel erzählt, in dieser Hinsicht erhellend, weil er mir eine bessere Erklärung bietet als die "USA haben ihm Unterstützung zugesagt"-Lösung.
    Aber ich habe in letzter Zeit auch genügend (andere, wenn dir diese nicht gefällt) Quellen gelesen, dass Moskau die ethnischen Konflikte in dieser Gegend weiter schön am köcheln gehalten hat. Nach dem großzügigen Pässeverteilen (echte Russen warten da jahrelang drauf), den vielen "freiwilligen Kämpfern", die zu hunderten über die Grenze gekommen sind und den schönen Pufferzonen, die die Russen jetzt eingerichtet haben, würde ich es ihnen durchaus zutrauen, die Situation eskaliert zu haben (ob durch aktives Handeln oder Waffenliefern an lokale Milizen oder "Wegschauen" bei Aktionen gegen Georgier ist im Endeffekt nur ein kleiner Unterschied).


    PS:

    Zitat

    Onkel B hat geschrieben:
    NATO, UNO, EU, alle hätte er ins boot geholt, um den russischen aggressor zurückzutreiben...


    NATO: Georgien ist ja noch nichtmal im MAP zur NATO, also hier keine Unterstützung.
    EU: Hat keine eigenen Truppen und hätte so schnell auch nicht reagieren können.
    UNO: Klasse Idee... wer sitzt nochmal im Sicherheitsrat?

    • Offizieller Beitrag

    @ Tritonius: NATO-Schiffe sind jetzt in Größenordnungen im Schwarzen Meer, auch ohne NATO-Mitgliedschaft Georgiens...


    EU-Truppen gibt es natürlich. Und EU-Beobachtermissionen (natürlich militärische Beobachter) gibt es nicht nur im Baltikum...


    Richtig, die Russen sitzen im Sicherheitsrat der UNO, aber das hat beim Jugoslawien-Krieg oder dem Angriff auf den Irak auch keinen Unterschied gemacht...


    Ich habe mich auch nicht unbedingt auf militärische "Unterstützung" bezogen, sondern auf den ganzen "Katalog" von wirtschaftlichen Sanktionen über diplomatischen Druck bis hin zu militärischer Vergeltung. Und da sind UNO, Eu und NATO dann jeder auf seine Weise beteiligt...


    Der georgische Präsident hat schon seit Jahren angekündigt, Südossetien und Abchasien "heimzuholen". Er ist in meinen Augen ein politischer Abenteurer, der leider in den letzten Jahren ganz massiv vom Westen aufgerüstet wurde.


    Natürlich will ich Russland in diesem Konflikt nicht als unschuldig hinstellen. Der Konflikt schwelt schon lange und definitiv haben beide Seiten immer wieder Scheite ins Feuer geworfen. Was die russischen Pässe angeht, die immer gern wieder als Argument für russische Aggressionsgelüste hergeholt werden. Südossetien und Abchasien haben bereits vor der Gründung Georgiens erklärt, dass sie diesen Schritt nicht mitgehen werden. Sie waren schon "autonome Gebiete", bevor es Georgien gab. Ein anderes "autonomes Gebiet" wurde übrigens schon mit Waffengewalt "zurückgeholt"...
    Die "Russen" in den autonomen Gebieten" waren also keine Sowjetbürger mehr, wollten keine Georgier sein und fühlten sich Russland verbunden. Was lag da also nahe...

  • An dem Typen (Saakaschwili) scheint ein kleiner Goebbels verloren gegangen zu sein ... Er wollte also einen russischen Armeekonvoi präventiv beschießen, und hat dabei aus Versehen die zivilen Genäude in der südossetischen Hauptstadt getroffen ... Klingt wirklich logisch, hätte ich an seiner Stelle auch gemacht - wahrscheinlich hat er damit gerechnet, daß die Fahrzeuge sich aus dem Roki-Tunnel in die Stadt beamen ... außerdem war es ja dunkel, da kann sowas schon mal passieren ...
    Ich finde es jedenfalls ziemlich bedenklich, daß die NATO-Staaten Massen von Kriegsschiffen in die Gegend geschickt haben (angeblich um humanitäre Güter zu bringen - warum geht sowas eigentlich nicht mit zivilen Schiffen? Glauben die im Ernst, die Russen würden zivile Schiffe angreifen? Ich hoffe jedenfalls, daß die Militärs dort sich nicht bis in einen dritten Weltkrieg hinein provozieren - die NATO scheint aber kein Problem damit zu haben, und Saakaschwile schon gar nicht!

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

    2 Mal editiert, zuletzt von Andrean ()

  • Also mit Goebbels würde ich den Saka nicht vergleichen. Sicher haben die Russen und ihre Handlanger in Süd-Ossetien und Abchasien die Georgier gepiesakt bis zum geht nicht mehr. Das war ja wohl auch Russlands Idee: solange Nadelstiche bzw. Härteres + Weiteres, bis der Saka die Geduld verliert.
    So geschehen. In die Falle ist er getappt. War blöd!
    Gestern abend war er übrigens live bei der Maybrit Illner Party über TV zugeschaltet und plauderte ohne Ende. Er schien mir ein ziemlicher "Fuchs" zu sein, was bei einem Politiker aber eher eine rühmliche Eigenschaft ist als
    abwertend (siehe Adenauer, der Fuchs!). Außerdem begann er fast jeden Satz (er sprach Englisch) mit "I think .....". Das gewinnt nicht nur Zeit zur Überlegung, es erweckt auch den Anschein, ist vielleicht sogar so, daß etwas aktuell Überlegtes gesagt wird und nichts Vorfabriziertes. Und dann kam sogar einmal kurz das bei Politikern äußerst seltene Eingeständnis "auch ein Staatspräsident kann Fehler machen", was wohl bedeutete, daß er inzwischen den Nonsens seines militärischen Vorgehens eingesehen hat. Und als Fehler eingestanden hat.
    Und eines ist ja wohl völlig klar: Die Russen-Truppen waren schon lange mit überlegenen Kräften an allen Nahtstellen! Die haben ihren Angriff runtergespult wie im Manöver bei Kaiserwetter sowie Kaffe + Kuchen!
    Und dann das Gleiche wie unter Mr. Buschs 1. Irakkrieg: Kein Durchmarsch nach Tibilidingsbums zum endgültigen AUS!
    Warum wohl? Weil Russland jetzt einen gedemütigten Agressor, Völkerrechtsverletzer sowie Ethno-Killer aller Welt vorgeführt hat und die eingesackten Gebiete Süd-Ossetien + Abchasien mal erst genug Kriegsbeute mit wenig Diplo-Gegenwehr aus dem Westen sind.
    Wahrscheinlich geht das gleiche Spiel nun in die nächste Runde! Gleiche Taktik und wenig Chancen für Georgien!
    Gruß, frifix.


    P.S.: Habe gerade in WIKIPEDIA gestöbert und ziemlich präzise Berichte zu den Kriegshandlungen gefunden. d.o.

    • Offizieller Beitrag

    saakaschwilli hat bereits zu seiner ersten (wahrscheinlich noch nicht manipulierten) wahl angekündigt, dass er die "autonomen gebiete" zurückerobern wird. lange bevor moskau truppen in bewegung setzen konnte. und natürlich hatte russland truppen an den nahtstellen, ist ja schließlich eine landesgrenze. was wird da wohl an unseren grenzen sein? THW? friedensmissionare? feorgien will mit aller macht in die nato, manöver in grenznähe, drohungen (auch militärischer art) gegen abnchasien und südossetien... was sollen die russen denn da sonst bitte hinstellen? die diskussion werden wir morgen beim abendbrot wohl noch vertiefen müssen... bis dann

  • soviel zu Saakaschwilis Lügen, die Russen hätten angegriffen, und er nur reagiert ...

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Nichts gegen die Klärung der Schuldfrage, aber wozu soll dieses führen?


    Ist es nciht wichtiger, sich jetzt endlich nach Wochen einmal um Deeskalation zu kümmern? Es muss hier dringend nach einer exit-Strategie gesucht werden. Sonst eskaliert das beim nächsten Vorfall am Südrand Russlands oder in Mittelamerika ("Hinterhof" der USA) nur noch weiter.
    Hier müssen China und die EU (Europa) ihren politischen Wert unter Beweis stellen. Und ich glaube, insbesondere Deutschland hat die Möglichkeit, ehrlicher Vermittler zu spielen. Russland ist wirtschaftlich am meisten wechselseitig mit uns verküpft, bzw, abhängig. Putin und sein Muppets-Regierungschef sollten hierfür doch nicht ganz einflüsterungsresistent sein.

  • ich glaube eigentlich auch, daß Deutschland eine ehrliche Vermittlerrolle spielen sollte - schließlich gibt es ja wichtige Wirtschaftsbeziehungen zu Rußland, und sie würden sich mit dem Schüren einer Eskalation ins eigene Fleisch schneiden - seltsamerweise tut dies unsere Bundeskanzlerin grade, indem sie sich bedingungslos auf die Seite von Georgien/USA stellt ...
    Anscheinend hat sie nicht begriffen, daß die Interessen der USA und die von Europa in Georgien völlig entgegengesetzt sind (genauso, wie es davor schon in Jugoslawien und im Irak war - Beispiel Irak: die Deutschen/Franzosen hatten Konzessionen zwecks Erdöl-Lieferung, die Amerikaner keine - jetzt haben die Amis welche, und die Deutschen keine mehr)

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Es wurde nun ja bekannt, dass Georgien Streubomben eingesetzt hat. Eine Schweinerei an sich ist das sowieso, aber evtl. mag man darin ja die Möglichkeit sehen, Georgien auf die Finger zu hauen ohne dabei grundsätzlich sein Gesicht zu verlieren.


    Ansonsten zeigt das klägliche Ergebnis des EU-Gipfels nur wieder eines: Die EU-Staaten sind gesellschaftlich und in ihrer Historie so unterschiedlich, dass sich bei Kernfragen nie konsequente Lösungen finden lassen. Andauernde Kompromisse machen die EU in ihrer Außenwirkung nur schwächer. Genau wie Putin das ja auch schon formuliert hat. Es bleibt nach diesme Gipfel eigentlich nur die Möglichkeit, dass Frankreich und Deutschland sich außenpolitisch gemeinsam äußern und sowohl der USA/Georgien als auch Russland Wege zur Verständigung aufzuzeigen. Klar, dass die USA und Russland sich nicht von Deutschland und Frankreich führen lassen werden, aber evtl. mag so ein Weg gefunden werden, bei denen beide ohne Gesichtsverlust aus der Nummer herauskommen. Denn das ist es, was beide befürchten.

  • Forum

    Hat das Thema geschlossen.