TdW 23/08 "Die Milch macht´s"

    • Offizieller Beitrag

    oder momentan eben auch nicht...


    Die deutschen Milchbauern streiken und der Plan der Molkereien, Milch im Ausland zuzukaufen geht nicht auf, weil sich dort Milchbauern einfach dem Streik angeschlossen haben.


    Mittlerweise soll es erst Lieferengpässe geben, zum Glück steht die Fussball-EM nicht auf der Kippe, weil die Milchtrinker dort proportional nur in geringen Mengen vertreten sind...


    Die Milchbauern streiken! Dürfen die das denn? Schließlich ist die Milch auch so für uns Verbraucher teuer genug.
    Und subventioniert werden die bauern ja auch noch...


    Kann man davon leben "Bauer" zu sein? Kann man davon leben oder nur "überleben"?


    Oder geht es auch hier nach "Größe" und Herkunft? Der "Großbauer" aus dem Bayrischen hat seine Subventionen ja schon lange in der Tasche...


    Wie steht Ihr zum aktuellen "Milchstreik"? Haben die Bauern recht, wenn sie mehr Geld für ihre Arbeit wollen? Oder sollten sie nicht mehr bekommen, weil wir alle ja auch ständig für weniger Geld mehr arbeiten sollen/müssen?
    Wer von Euch ist bereit, für "gute Milch" auch "gutes Geld" zu lassen?


    Oder sollte man alles den Markt regulieren lassen???

  • ich finde die Beiträge in den Medien witzig: 'klar würde ich 10 Cent mehr für Milch bezahlen, wenn die Bauern dann davon leben können!'; leider kommt von den 10 Cent dann nur 2 Cent beim Bauern an, und damit ist ihm nicht geholfen; oder wenn er 10 Cent mehr kriegen soll, steigen die Preise 50 Cent, und das sieht schon wieder keiner ein...


    ich persönlich trinke keine Milch - hab so eine Art Allergie dagegen - insofern wäre jedes Statement der Art 'Klar würde ich mehr bezahlen' unehrlich - erhöhte Bierpreise fände ich da schon boshafter; bei Preisen, bei denen ich finde, daß sie unangemessen überhöht sind, (Butter und Käse vor einem halben Jahr) boykottier ich die Waren auch schon ein paar Monate; wenn die Preiserhöhungen bei den Produzenten ankämen, fände ich das okay - leider verdienen sich zwischendurch einige eine goldene Nase dabei, denen ich das nicht zugestehe;

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Ich bin auf dem Land groß geworden, keine 100 Meter von zwei Bauernhöfen entfernt. In frühen Kindesjahren habe ich oft zusammen mit meiner Schwester auf dem Bauernhof gespielt und da habe ich schon mitbekommen, dass die Arbeit eines Bauern sehr hart sein kann: Sehr früh morgens aufstehen, bei Wind und Wetter auf dem Feld arbeiten, abends sich dann um die Kühe im Stall kümmern.


    Insofern kann ich es nachvollziehen, wenn die Bauern mehr Lohn fordern bzw. mehr für ihre Milch bekommen wollen. Unsere Nachbarsbauern jedenfalls haben keine besonders schön eingerichtete Wohnung.

  • Inzwischen gehört es ja zum guten Stil, in Deutschland einfach mal zu streiken. Die Bahn-Angestellten machten es vor und jetzt schließen sich die Bauern an. Was kommt als nächstes? Die Müllabfuhr? Weil sie so viel fahren müssen?
    Ich verstehe ja das Leid der Bauern. Aber dennoch darf man sie hier nicht unterstützen. Nicht, weil man sie ausbeuten will, sondern weil sonst die Welle des Streiks, die sich in Deutschland langsam bedenklich auftürmt, auf andere Arbeitsbereiche überschwappt.

    Das Höllische Quartett on the Highway to Hell:
    Nightelf - Zukünftiger Höllenfürst Moosi I
    Lord Otto - Foltermeister, Rechte Hand des Fürsten
    Turin - Zuchtmeister, Linke Hand des Fürsten
    Little Imp - Manadieb des Fürsten

  • dann haben wir aber bald keine Bauern mehr, und müssen uns von Polen beliefern lassen (was umweltmäßig transporttechnisch sicher nicht sinnvoll wäre); oder es gibt nur noch ein paar Großunternehmen mit 5 Quadratkilometern Riesenstall, die mit der erzeugten Gülle ein ganzes Dorf ertränken können

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

    Einmal editiert, zuletzt von Andrean ()

  • Hierbei darfst du nicht vergessen, dass unsere Bauern nicht gleich verhungern, wenn wir ihren Forderungen nicht nachkommen. Dem Mittelstand und städtischen Niedrig-Schichtlern ergeht es heutzutage auch nicht besser.
    Es gibt wohl eher ein grundlegendes Problem in der Politik, dass alle Erwerbstätigen betrifft. Dass Bahn-Angestellte und Bauern ihre "Nahrungsketten-Vormachtstellung" zum Streik ausnutzen, ist so gesehen höchst anmaßend und egoistisch.

    Das Höllische Quartett on the Highway to Hell:
    Nightelf - Zukünftiger Höllenfürst Moosi I
    Lord Otto - Foltermeister, Rechte Hand des Fürsten
    Turin - Zuchtmeister, Linke Hand des Fürsten
    Little Imp - Manadieb des Fürsten

  • So wie ich das sehe ist die Problematik wie folgt entstanden:
    1. Bauern produzieren insgesamt mehr Milch als der Markt braucht
    2. Milchpreise sind infolge dessen sehr niedrig
    Soetwas passiert in der Marktwirktschaft oft und hat normalerweise zur Folge dass das Angebot verringert wird, so dass sich der Preis wieder erholt. Die Bauern hätten theoretisch auch untereinander z.B. über den Verband eine Drosselung der Produktion koordinieren können. Da dies nicht geschah, konnte man erwarten, dass die Redutkion des Angebots in der Form geschieht, dass nach und nach die am wenigsten ökonomisch produzierenden Bauernhöfe aufgeben.
    3. Stattdessen geschah etwas merkwürdiges. Die meisten Bauern betrieben ihre Höfe (wegen Familientradition oder fehlender alternativer Perspektive oder sonstwelchen Gründen) weiter und verkauften die Milch nicht selten UNTER DEM HERSTELLUNGSPREIS. Dies ist in der marktwirtschaflichen Theorie, die davon ausgeht dass Menschen zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil anstatt zum Nachteil handeln, nicht vorgesehen.
    4. Milchpreise bleiben trostlos niedrig.


    [Zynismus] Also ich versteh die Bauern nicht. Erst verkaufen sie über lange Zeit massig Milch zu Dumpingpreisen und jetzt plötzlich gar keine mehr. [/Zynismus]


    Letztendlich wird es dazu kommen, dass weniger Milch produziert wird (haben Sprecher des Bauernverbands schon signalisiert) und der Preis etwas steigt.
    Dafür hätten die Bauern aber schon längst sorgen können, ohne das Ganze zu einem Politikum aufzublasen.



    Zum Bahnstreik sehe ich so gut wie KEINE parallelen. In meinen Augen ist das hier kein Streik, sondern einfach eine verspätete Reaktion auf den Markt.
    Und die Milchbauern sind nun alles andere als in einer "Vormachstellung".


    Zitat

    Original von Andrean
    wenn die Preiserhöhungen bei den Produzenten ankämen, fände ich das okay


    Nun es gibt z. B. eine Biomarke, die damit wirbt, den Milchbauern (auch den Nicht-Bios) faire Preise zu zahlen. Der Verbraucher hat in solchen Sachen fast immer eine Macht, die weit unterschätzt wird.

    Das Parteiprogramm der AfD verschweigt die feuerlöschende Wirkung von CO2 !

    2 Mal editiert, zuletzt von Lord_Helmchen ()

  • wie eiglt. schon mehrere sagten...wenn die erhöhung bei den bauern ankommen würde, fände ich es ok
    da sich die unternehmen von den erhöhungen sowieso wieder mind. 60% unter den nagel reissen würden kann ich aber nicht einfach "hab kein problem damit, mehr zu bezahlen" sagen, da ich es absolut nicht einsehe, dass dieverse ach so arme unternehmen noch mehr geld scheffeln
    ich kann die bauern ein stück weit schon verstehen, doch was ich absolut verachtenswert finde ist, dass manche anscheinend ihre milch einfach wegkippten (weiss jetzt leider nicht mehr woher ich das hab)...ob "preiskampf" oder nicht, das kanns echt nicht sein :motz:

    greez eXeKuToR


    Es spielt keine Rolle, ob du Recht hast. Du musst sicher sein. Natürlich kann es nicht schaden, Recht zu haben. (Terry Pratchett)


    Früher litten wir an Verbrechen, heute an Gesetzen.
    (Tacitus, 55 v. Chr.)

  • naja, was können sie sonst damit machen? Ich glaube, selbst wenn die die Milch bei der Tafel vorbeibringen würden, müßte die vorher behandelt worden sein, sonst dürfen die die gar nicht abgeben; und bei der Tafel würden die solche Mengen garnicht loskriegen; und Möglichkeiten zur Verarbeitung haben die nicht;


    die sollten einfach eine Genossenschaft für die Milchverarbeitung gründen (sowas ähnliches wie bei Lord Helm beschrieben, nur daß die Bauern selbst die Eigentümer sind)

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Milch wegschütten bzw. mit Gülle vermengt als Dünger verwenden ist leider absolut üblich, wie hunderte andere Lebensmittelvernichtungsmaßnahmen, die dem Preiserhalt dienen. Allgemein wäre bei Milch eine Produktionssenkung mMn das sinnvollste. Problem dabei ist, dass alle Milchbauern ungefähr gleichmäßig weniger Milch produzieren müssten, da sonst diejenigen, die weiter das Maximum aus ihren hochgezüchteten Milchmonstern (Kühe san ja schon lang ausgestorben) rauspeitschen, damit mehr Geld machen würden.
    Eine Zwickmühle, die letzlich auch zum status quo geführt hat - jeder der weniger produziert hätte, hätte lediglich sich selbst geschadet - nur wenn alle weniger produzieren würden bekämen auch alle mehr fürs selbe, aber erklär das mal einem Bauern (no offense, bin selbst mit Bauern befreundet - hab nur den Eindruck, dass es sich um weitgehend Beratungsresistente Personen handelt).
    Andere Möglichkeit: Fixpreis (natürlich mit Inflationsanpassung) für Milch und andere Grundnahrungsmittel mit fixen und fairen Gewinnbeteiligungen für Bauern und Handel - Problem gelöst, Neoliberalisten kräftig in die Eier getreten, Welt gerettet ;)

    Never be in company that you wouldn't want to die with.


    Any society that would give up a little liberty to gain a little security will deserve neither and lose both.

  • und, hast du auch einen Lösungsansatz für das Problem? so eine Art Stilllegungsprämie für Kühe?

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

    • Offizieller Beitrag

    zunächst mal möchte ich mich bei den milchbauern entschuldigen, weil ich vom "streik" gesprochen habe. musste mich gestern belehren lassen. es ist kein streik, sondern ein boykott. ein lieferboykott nämlich...


    und genau der ist den milchbauern verboten, weil sie damit in das (gottgewollte) recht der milchverarbeitenden industrie, nämlich geld zu verdienen, eingreifen. so äußerte sich gestern zumindest irgendein wichtiger vertreter der industrie...



    was das streiken (der lokführer, der müllmänner, der lehrer, der ärzte, der bauern...) angeht: natürlich streiken in erster linie diejenigen, die es sich aufgrund ihrer hervorgehobenen position (ausbildung, berufserfahrung usw.) "leisten" können. der wachschützer, der lagerarbeiter, der "bulettenbrater" und co. werden dies wohl kaum können, da sie sofort entlassen und kostengünstig (und mit freundlicher unterstützung der arbeitsämter) ersetzt werden können...

  • Stilllegungsprämie klingt schön :]


    DIE Lösung kann's in so einem komplexen System natürlich nicht geben, allein schon wenn Bauer A 20 Kühe und Bauer B 200 hat. Da müßte individuell darauf eingegangen werden.
    Als Großmaßnahmen wären höchstens möglich:


    Obergrenze für Tieranzahl in einem Betrieb.
    Obergrenze für Liter Milch pro Kuh pro Jahr und daraus folgend
    finanzielle Zuwendungen beim Erwerb weniger Leistungsfähiger Rassen
    evtl. auch eine Prämie für weniger Kuh pro Flächeneinheit


    ebenfalls zu überdenken wären die EU-Agrarförderungen die, trotz deutlicher Verbesserungen in den Letzten Jahren, immer noch Tendenzen zu Größtbetrieben fördern.


    ad Streik
    Streikkultur fehlt in D und A eh weitestgehend - wenn man da an Frankreich denkt 8o
    Wobei es sich natürlich schwer streikt, wenn der gesetzlich eigtl. vorgeschriebene Betriebsrat schon immer wieder von der Unternehmensführung verhindert wird, oder man ohnehin zum Prekariat gehört.

    Never be in company that you wouldn't want to die with.


    Any society that would give up a little liberty to gain a little security will deserve neither and lose both.

  • Forum

    Hat das Thema geschlossen.