TdW 41/08 "Der Gesundheitsfond"

    • Offizieller Beitrag

    Ich weiß zwar nicht, ob noch ernsthaftes Interesse am TdW besteht, aber ich starte mal noch einen Versuch...


    Gestern habe ich es endlich geschafft mir "Sicko" von Michael Moore anzusehen. Ich weiß nicht mehr genau, wann mir das erste Mal die Tränen kamen, aber sie kamen. Mehrfach. Wenn Eltern ihre Kinder, Frauen ihre Männer verlieren, weil "Krankenkassen", Pharmaindustrie und Co. Milliardengewinne scheffeln und deren Lobbyisten Millionen kassieren wollen, dann fehlt mir doch das Verständnis...


    Nun bin ich ja in einem Land aufgewachsen, wo die Gesundheitsversorgung komplett kostenlos war, Krankschreibungen auch über mehrere Monate kein Problem waren und der Staat sogar die Prävention bezahlte. Damals konnte ich nicht verstehen, wenn meine Tante (aus Dortmund) klagte, dass sie sich keine neuen Zähne leisten könne...


    Heute sieht das natürlich ganz anders aus. Zuzahlungen beim Zahnarzt, bei Medikamenten sowieso. Viele Ärzte führen Wartelisten, die oftmals für 4-8 Wochen keinen neuen Patienten mehr aufnehmen können.
    Auf bestimmte Untersuchungen (z.B. MRT) wartet man schon mal ein paar Wochen. Das "Besucher-Geld" beim Hausarzt ist mittlerweile Normalität und steigende Krankenbeiträge bei stetig sinkender Leistung der Kassen wird uns als Logik verkauft...


    Auch hier sollte mal der "Markt" alles regeln...


    Nun wurde ja kürzlich etwas geregelt, nämlich die Höhe des künftigen "einheitlichen Beitragssatzes". Für so ziemlich jeden gesetzlich versicherten erhöht sich der Beitrag.


    Oftmals wird von der "Zweiklassen-Medizin" gesprochen, ich sehe hier sogar 3 "Klassen". Zum Einen die "Gutverdiener": privat versichert und "was kostet die Welt" (nicht so sehr viele mehr, glaube ich), zum Zweiten die "Mittelklasse", die sich halt Arztbesuch und Medizin leisten kann (und meistens das auch tut), aber oft schon überlegen muss, ob man das Geld nicht für etwas anderes ausgeben sollte. Und dann das "Prekariat", wo man dreimal überlegen muss, ob man sich eine Packung "Aspirin Complex" holt oder die nächste Woche lieber im Bett verbringt.
    Von Zahnklempnerei mal ganz zu schweigen, die ist selbst für die Mittelklasse oftmals schon zu teuer...


    Was nun also? Bringt es der "Gesundheitsfond"? Private Kassen abschaffen und alle in EINE gesetzliche Kasse? Oder die ghesetzliche abschaffen und nur noch private Krankenkassen?


    Wie erlebt Ihr Euer "Kranksein"? Traut Ihr Euch zum Arzt, wenn es Euch "nicht gut" geht oder schiebt Ihr den Arztbesuch lieber auf die lange Bank? Gibt es vielleicht Druck vom Chef?


    Wie weiter???

  • Nun, ich hab noch das Glück, relativ selten krank zu sein, und wenn, dann meist nur Erkältungen, mit denen ich noch immer zur Arbeit/Schule kann.
    Aber dieser Gesundheitfond, der wird ne glatte Fehlgeburt. Kassen, Ärtzte, Arbeitsgeber, Arbeitsnehmer, praktisch alle existierende Verbände sprechen sich dagegen aus, nur die Regierung hält stur an diesen Mist fest.

  • Ich kann mich da Darkflint anschliessen, wenn ich mal krank werde, dann ists meistens nur Erkältung/Kopfschmerzen und in seltenen Fällen mal ne leichte Grippe, zum Arzt muss ich deswegen selten.
    Und zum Thema Gesundheitsfond/Politiker wissen alles...man kennt das ja, Wissenschaftler und Politiker finden immer erst nach jahrelangen Studien raus, was der Normalsterbliche schon vorher durch gesunden Menschenverstand wusste ;)

    greez eXeKuToR


    Es spielt keine Rolle, ob du Recht hast. Du musst sicher sein. Natürlich kann es nicht schaden, Recht zu haben. (Terry Pratchett)


    Früher litten wir an Verbrechen, heute an Gesetzen.
    (Tacitus, 55 v. Chr.)

  • also ich wäre zum ersten für eine einzige Gemeinschaftskasse; im Augenblick gibt es Hunderte von Krankenkassen, deren Vorstände sich Millionengehälter gönnen (was besser für die Versicherten ausgegeben werden könnte), und die sinnlos Gelder ausgegeben, um sich gegenseitig die (gut zahlenden) Mitglieder abzuwerben ...
    Und ich wäre UNBEDINGT dafür, daß die Sachen, die notwendig sind für die Behandlung der Krankheiten, und die notwendig sind, um auf normale Weise am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, ohne Zuzahlung von den Kassen bezahlt werden! Ob dazu eine Mindestversorgung beim Zahnersatz gehört (mMn ja) kann man sich ja streiten - bei anderen Sachen nicht;
    Beispielsweise die Zuzahlung bei Brillen: Ich hab das 'Glück', daß ich inzwischen auf einem Auge blind bin - deshalb brauche ich nur EIN teures Glas zu bezahlen, und kriege noch eine Zuzahlung von der Kasse - so kostet mich eine Brille 'nur' etwas über 200 Euro; würde ich auf beiden Augen gleichmäßig schlecht sehen, fiele die Zuzahlung weg, und gleichzeitig müßte ich 2 Gläser zahlen - dann käme ich auf mindestens 500 Euro für eine Brille; da frag ich mich doch, wie so etwas ein HartzIV-Bezieher bezahlen soll, oder wieviele Jahre er darauf sparen soll? Das sind immerhin schon 8 Millionen Leute (mit ergänzend HartzIV-Beziehern), dazu kommen sicherlich noch einige Millionen mit geringen Renten! ... und ohne Brille kann man weder am normalen Leben teilnehmen, noch seine Arbeit vernünftig erledigen...
    Dieselbe völlig falsche Entscheidung war es, frei verschreibbare Medikamente nicht mehr zu bezahlen - die einen können die Medikamente nicht mehr bezahlen, die anderen lassen sich vom Arzt dafür was Verschreibungspflichtiges geben, was teurer ist (auch für die Kassen), und Nebenwirkungen hat, die dann wieder vom Arzt behandelt werden können, und wieder neue Medikamente erfordern - also völlig unwirtschaftlich, aber ein tolles Geschäft für die Pharmaindustrie ...

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Um mal über den Tellerrand zu blicken und zu schildern, wie es in anderen Ländern so läuft und als evtl. (Umdenk)-Anregung.
    Ich habe 3 Jahre in Spanien gelebt und war dort privat krankenversichert für 57 !!! Euro im Monat (Anfang 2004- Mitte 2007), allerdings ohne jegliche zahnärztliche Absicherung (hätte ich ein anderes Paket nehmen müssen).
    Dafür hatte ich keine freie Arztwahl, musste also auf sog. Vertragsärzte zurückgreifen. Alle Medikamente, die zur ambulanten Behandlung benötigt werden, müssen selbst bezahlt werden. Beispiel: Meine Ex-Frau, hatte starke Verspannungen/Schmerzen in der Schulter, ging zum Arzt, welcher ihr eine Cortisonspritze verabreichte. Die Behandlung war durch die Versicherung abgedeckt, 20 für den Inhalt der Spritze musste sie selbst bezahlen. Medikamente in der Apotheke kosten in Spanien sowieso sehr viel weniger als identische in Deutschland (ca. 1/3).


    Bei stationärer Behandlung gibt es alle Medikamente für den Patienten umsonst, inkl. Einzelzimmer, TV mit Satschüssel-Anschluss, Dolmetscher bei Bedarf und Chefarzt-Behandlung.


    Eines Tages verlor ich eine Füllung in einem Backenzahn... Mist, keine Versicherung... aber was muss, das muss; also mit dem sowieso schlechtem Gefühl und viel Bargeld in der Tasche zum Zahnarzt. Rezeption/Anmeldung... chaotisch, eher eine Abstellkammer, billig und wenig vertrauenserweckend... auf jeden Fall kein deutscher Standard.
    Dann im Behandlungszimmer bekam ich doch große Augen: da gab es doch tatsächlich digitales Röntgen. D.h. wesentlich geringere Strahlenbelastung, keine Entwicklungszeit der Bilder, die hier sofort auf dem 17"TFT am Schwenkarm über dem Behandlungsstuhl erschienen. Ferner besaß der Dentist eine Intradentalkamera (heißt das so?) womit er in meinem Mund rumfummelte und mir so mittels der ausgegebenen bewegten Bilder meinen Zahnstatus an besagtem Monitor zeigen und erklären konnte. Kannte ich als vorheriger Kassenpatient in Deutschland in der Art jedenfalls nicht.


    Der Zahnarzt fing dann mit der Behandlung an, bohrte und bohrte... fluchte, und zeigte mir zwischendurch nochmal das aufgebohrte Ergebnis mittels Kamera... dass er noch tiefer bohren müsse, weil da immer noch was braun sei... irgendwann meinte er, jetzt sei gut, zeigte mir nochmal die aufgebohrt Ruine. Ich bat ihn übrigens um eine "weiße" Füllung, was natürlich kein Problem war. Im Endeffekt kam eine dreiseitige Kunststofffüllung bei raus. Preis inkl. allem: 30 !!!! und das wie gesagt nicht als Zusatzzahlung zur Versicherungsleistung, sondern als Totalpreis, denn ich hatte ja keine zahnärztliche Versicherung.


    Als Bonus, weil ich Kunde bei der Arosa war (KV-Versicherung), bekam ich an einem anderen Tag noch ein professionelle Zahnreinigung gratis, obwohl ich überhaupt kein zahnärztliches Paket hatte, der Zahnarzt aber zufällig Vertragsarzt besagter Versicherung war. (1x jährlich hätte ich das in Anspruch nehmen können)


    Ich weiß jetzt nicht, ob der Zahnarzt nun Seat-Ibiza statt S-Klasse Daimler fährt, oder inwieweit das spanische Gesundheitswesen vom Staat gesponsert/reguliert wird, aber ich als "Kunde" war sehr zufrieden.


    Einsparungen hatte er im Vergleich zu Deutschland auf jeden Fall insofern, dass seine Anmeldung einer Brucbude glich (naja, so schlimm wars auch nicht, aber in D. würde das so nicht gehen) und dass er bei der Behandlung allein arbeitete... also ohne blondes Mäuschen, welches in Deutschland immer daneben steht, ab und zu mal den Speichel absaugt und evtl. mal die Füllung anmischt und ansonsten den Zahnarzt anflirtet :)


    soweit so gut

  • da ich eine ZahnärztIN habe, flirtet das blonde Mäuschen dann mich an ;)
    egal, sieht jedenfalls so aus, als ob sich die Ärzte in Spananien auf das Wichtige konzentrieren... Und die Pharma-Industrie dort eine kleinere Lobby hat als hier

    lest Terry Pratchett(RIP) ... und Stephen King, John Katzenbach, Hohlbein, Frank Schätzing, Anne Rice, Andrzej Sapkowski, Anne Bishop, Bernhard Hennen, George R.R. Martin, Markus Heitz, ... (wurde ja langsam Zeit, dass was dazu kommt)

  • Hihi, da kann ich auch so einiges zu beitragen, obwohl es wohl nur wenige DW-ler betrifft. Mein Frauchen bekam ein paar Beisserchen gerupft, span. Zahnarzt rät zu 3 Implantaten plus späteren Besatz dieser Schrauben mit neuen Zähnchen. Preise ziemlich identisch mit Deutschland. Dazu muß aber erstmal der Knochen etwas nachwachsen. Um das zu kontrollieren ab nach Gerona unter die Röhre (CRT in Germany, in Spanien TAC genannt).
    Ergebnis: Weitere 3 Monate warten, weil noch nicht genug Knochensubstanz da und dann natürlich nochmal CRT/TAC!
    Dann waren wir in Germany zum allgemeinen Zahn-TÜV, um das Stempelchen ins Büchlein zu bekommen. Der Zahnarzt empfahl nur EIN Implantat, und zwar dort, wo schon seit mehreren Jahren ein Zahn abhanden gekommen war, also Knochen intakt. Ab zum empfohlenen Kieferorthopäden, der auch diese moderne Kamera hatte und 5 Tage später war die Schraube drinne und nun muß Frauchen warten, ca. 3 Monate, bis alles fest ist. Keine Komplikationen, 850 Euronen! Über die CRT/TAC-Arie hat der nur geflucht! Reine Geldschneiderei, 180 Euro!
    Bei mir fiel vor etwa 5 Monaten ein Teil einer Füllung raus. Ab zum spanischen
    Zahnarzt, der das gut reparierte, aber das Mädel an dem Absaugschlauch war wohl Novizin! Ich habe noch nie soviel Wasser geschluckt, wie dort, abgesehen von den Erstickungsanfällen!
    Also nichts verallgemeinern, hier wie dort gibt es Unterschiedliche!

  • Die wirklichen Absahner im Gesundheitswesen scheinen tatsächlich die Pharmafirmen zu sein. Mein Hausarzt beklagte zum einen, daß der Kostenanteil der Ärzteschaft am Gesamtkuchen erheblich gesunken sei, der der Kliniken ebenfalls, während die Arzneikosten förmlich explodiert seien.
    Dennoch meinte er, daß die Ärzteschaft, also die Sachverständigen in diesem Milliardenlotto, genügend Vorschläge für ein kostengünstigeres Wirtschaften hätten, aber die, die über die Zwangsmaßnahmen befinden, sind Lehrer, Rechtsanwälte usw. aber kaum Ärzte! Und hinzu kommt dann noch die wirklich ausgezeichnete Lobbyarbeit der Pillendreher!
    Auf weite Strecken kein Schimmer irgendwie gearteter Hoffnung!
    Andrean: Meine Brille, nur Lesebrille, ist das gleiche kostengünstige Exemplar, rechts 2,5 links 0,0.
    Gruß, frifix.

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